Antiemetika

MCP: 11 Prozent Abweichung

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Berlin -

Im August war es so weit: Metoclopramid (MCP) feierte sein Comeback in Apotheken. Die Tropfen waren im April 2014 aus dem Generalalphabet verschwunden, da die gängigen Wirkstoffkonzentrationen von 4 oder 5 mg/ml als zu riskant eingestuft worden waren. Die neuen Präparate enthalten nur noch 1 mg/ml – jedenfalls auf dem Papier. Unterschiedliche Angaben auf der Verpackung könnten Verbraucher verwirren.

Den Anfang machten im August 2015 Ratiopharm und die Konzernschwester AbZ. Beide brachten eine Lösung mit einer Konzentration von 1 mg/ml auf den Markt. Die Tropfen gibt es in Fläschchen à 30 ml (N1) und 100 ml (N3). Die Teva-Töchter hatten sich vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Zulassung aus Luxemburg anerkennen lassen und waren daher schneller als die Konkurrenz.

Stada und Konzerntochter Aliud zogen im Dezember nach. Hier gibt es neben der Großpackung nur eine N2 mit 50 ml Lösung. Das ist aber nicht der einzige Unterschied: Bei Stada und Aliud bezieht sich die Wirkstoffangabe auf Metoclopramid-HCl. 1 ml Lösung enthält 1 mg MCP-HCl, aber nur 0,89 mg freie Base.

Bei den Teva-Töchtern Ratiopharm und AbZ entsprechen die angegebenen 1 mg/ml MCP dagegen tatsächlich 1 mg MCP, entsprechend 1,18 mg MCP-HCl. Demnach enthalten die Tropfen von Aliud und Stada bei gleicher Dosierung weniger Wirkstoff. Für die MCP-Variante als Tabletten der beiden Konzerngruppen gilt dies entsprechend: 10 mg beziehen sich bei Ratiopharm auf die freie Base, bei Stada auf das Salz. Entsprechend varriert der Gehalt um 11 Prozent.

Die Unterschiede sind aus pharmazeutischer Sicht unerheblich, angesichts der Aufregung um die Wirkstärke im Rahmen des Rückrufs sind die unterschiedlichen Bezugnahmen dennoch misslich. „Da ist erneute Verwirrung programmiert“, moniert ein Apotheker. Die Hersteller sind allerdings verpflichtet, die tatsächlich enthaltene Wirkstoffmenge auf der Packung anzugeben.

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hatte die Dosisbeschränkung im Oktober 2013 empfohlen, Grund waren die bekannten potentiellen Risiken. Die EU-Kommission folgte der Empfehlung, der Beschluss aus Brüssel wurde am 15. April 2015 hierzulande umgesetzt. Davon waren alle in Deutschland erhältlichen Tropfen betroffen, denn gängig waren die Wirkstoffkonzentrationen von 4 oder 5 mg/ml.

Die Problematik der Salzform ist auch bei anderen Wirkstoffen bekannt. Metoprolol etwa wird als Succinat oder Tartrat angeboten. Die wirksame Komponente ist der Wirkstoff, die Salze sind aus pharmazeutischer Sicht vergleichbar. Da die Molekulargewichte der Salze unterschiedlich sind, ergeben sich verschiedene Dosierungen. Entscheidend ist dabei, wie viel Wirkstoff die jeweilige Tablette enthält: 100 mg Metoproltartrat enthalten 78,08 mg wirksames Metoprolol und 95 mg Metoprololsuccinat 77,82 mg.

Die Bezeichnung „Metoprolol bioeq pharma 100 mg“ der Amneal-Tochter hat daher schon für Verwirrung gesorgt: Ein Arzt wollte Metoprololtartrat verordnen und schrieb das Präparat von Bioeq auf das Rezept. Erst in der Apotheke fiel auf, dass das Präparat Succinat enthielt; eine Tartrat-Variante gibt es von Bioeq nicht. Der Hersteller war zu dieser Zeit Rabattpartner mehrerer Krankenkassen.

Auf den ersten Blick sieht Metoprolol von der Bioeq aus wie eines von vielen Präparaten, die üblicherweise 100 mg Metoprololtartrat enthalten. Allerdings stecken in dem Medikament 95 mg Metoprololsuccinat. Auf der Packung gibt es den Hinweis: „1 Retardtablette enthält 95 mg Metoprololsuccinat entsprechend 100 mg Metoprololtartrat.“ Bioeq-Geschäftsführer Ralf Rochser erklärte, der Hinweis auf die Entsprechung sei eine Vorgabe des BfArM und Teil der Zulassung.

Dagegen heißt das vergleichbare Produkt von Stada „Metoprololsuccinat Stada 95 mg“. Auch hier findet sich der Hinweis auf die entsprechende Umrechnung für die Tartrat-Variante. Andere Hersteller wie Aliud, 1A oder Hexal verzichten dagegen auf den Hinweis.

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