EMA: Kahlschlag bei MCP APOTHEKE ADHOC, 28.10.2013 13:59 Uhr
Der Markt für Präparate mit Metoclopramid (MCP) könnte demnächst gehörig
durcheinander gewirbelt werden: Nach Ansicht der europäischen
Arzneimittelagentur EMA sollen alle Lösungen zum Einnehmen, die mehr als
1 mg/ml Wirkstoff enthalten, wegen der bekannten potentiellen Risiken
außer Handel genommen werden. Hierzulande wären alle Tropfen betroffen.
Die EMA hatte seit Dezember 2011 auf Antrag der französischen Arzneimittelbehörde ANSM eine Risikobewertung für alle MCP-Monopräparate durchgeführt. Schon im Juli hatten die Experten ihre Empfehlungen vorgelegt: MCP sollte demnach maximal für einen Zeitraum von fünf Tagen verordnet werden; chronische Indikationen sollten komplett gestrichen werden. Kinder unter einem Jahr sollten den Wirkstoff gar nicht erhalten; darüber hinaus sollte der Wirkstoff in der Pädiatrie nur als Mittel der zweiten Wahl eingesetzt werden.
Als Höchstdosis wurden für Erwachsene und Kinder 0,5 mg/kg Körpergewicht in 24 Stunden festgelegt. Routinemäßig sollten Erwachsene 10 mg bis zu dreimal täglich erhalten, Kinder entsprechend 0,1 bis 0,15 mg/kg.
Vor diesem Hintergrund sprachen sich die Experten dafür aus, flüssige orale Arzneiformen auf 1 mg/ml Wirkstoffgehalt zu beschränken. Gerade bei Kindern seien hier nämlich durch allzu konzentrierte Präparate Überdosierungen gemeldet worden. Für intravenöse Arzneiformen lag die Höchstdosis bei 5 mg/ml – zu geben über einen Zeitraum von bis mindestens drei Minuten –, für Suppositorien bei 20 mg.
Im Zusammenhang mit der Höchstdosis für die Tropfen hatte ein Hersteller vorgeschlagen, anstelle des Totalverbots eine Beschränkung der Anwendung auf Erwachsene einzuführen. Die EMA-Experten folgten dem nicht: Die Vorteile flüssiger oraler Arzneiformen etwa bei der Dosisanpassung für bestimmte Patientengruppen gebe es auch in der niedrigeren Dosierung. Die Einnahme der größeren Anzahl an Tropfen lasse sich durch entsprechende Applikationshilfen erleichtern.
Die Empfehlungen gehen jetzt zur EU-Kommission, die eine für die Mitgliedsstaaten verbindliche Entscheidung treffen muss. Hintergrund sind neurologische Nebenwirkungen wie vorübergehende extrapyramidale Störungen, die von der Dosis, der Behandlungsdauer und dem Alter der Patienten abhängen. Sehr selten treten unter auch Herz-Kreislaufstörungen mit Bradykardie, Blutdruckanstieg, Krämpfe, Verwirrtheit und Unruhe auf.
Der Dopamin-Antagonist wird bei Motalitätsstörungen des oberen Magen-Darm-Traktes eingesetzt und vermindert Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen unter anderem bei Migräne, Leber- und Nierenerkrankungen und Arzneimittelunverträglichkeiten sowie bei Chemotherapien. Laut Arzneiverordnungsreport wurden im vergangenen Jahr 5,7 Millionen Packungen im Wert von 57 Millionen Euro alleine auf Kassenrezept verordnet.