Die Zahl der Parkinsonpatienten hat sich seit 1990 von etwa 2,5 Millionen weltweit auf etwa 6,1 Millionen im Jahr 2016 mehr als verdoppelt. Etwa 2 bis 3 Prozent der über 65-Jährigen entwickeln die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Die bisherige medikamentöse Therapie basiert auf einem Ausgleich des Dopaminmangels beziehungsweise der Wiederherstellung des Gleichgewichtes der neurologischen Botenstoffe. Eine vor Kurzem veröffentlichte Subgruppenanalyse einer randomsierten, placebokontrollierten Studie zeigt, dass das Antidiabetikum Exenatid – bekannt aus Byetta (AstraZeneca) – die motorischen Symptome vor allem jüngerer Parkinsonpatienten verbessern kann.
Parkinson kann bislang nur symptomatisch behandelt werden. Die Erkrankung ist durch den Untergang dopaminerger Neuronen gekennzeichnet. Die Betroffenen zeigen vier Hauptsymptome. Diese sind Rigor, Bradykinese bin hin zu Akinese, Tremor sowie posturale Instabilität. Therapeutisch kommt derzeit in erster Linie Levodopa, die Dopamin-Vorstufe, zum Einsatz. Außerdem können Dopaminrezepor-Agonisten wie Ropinirol und Pramipexol, Muscarinrezeptor-Antagonisten wie Biperiden, MAO-B-Hemmer (Selegilin, Rasagilin), COMT-Hemmer (Entacapon, Tolcapon), NMDA-Antagonisten (Amantadin) sowie Anticholinergika eingesetzt werden.
Im vergangenen Jahr ließen die Ergebnisse einer doppelblinden placebokontrollierten Studie die Hoffnung aufkommen, dass das Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1) Exenatid zu einer Symptomverbesserung der Parkinsonerkrankung führen kann. Die Studie schloss 62 Probanden im Alter zwischen 25 und 75 Jahren mit moderater Parkinsonsymptomatik ein. Die Teilnehmer wurden im Durchschnitt bereits über einen Zeitraum von sechs Jahren symptomatisch mit einem Arzneimittel behandelt. Allerdings hatte sich bei den Patienten bereits ein „wearing-off“-Effekt, der für ein Nachlassen der Wirkung steht, eingestellt.
Die Probanden wurden entweder mit einmal wöchentlich Exenatid zu 2 mg als subkutane Injektion zusätzlich zur bestehenden medikamentösen Therapie behandelt oder erhielten ihre Standardtherapie plus Placebo-Injektion. Nach 48 Wochen endete der Therapiezeitraum. Als primäres Untersuchungsziel wurde die Veränderungen im motorischen Teil der MDR-UPDRS-Punkteskala („Movement Disorders Society Unifies Parkinson's Disease Rating Scale Part III“) nach einem Zeitraum von 60 Wochen. Bereits zwölf Wochen nach Therapieende zeigte die Verumgruppe eine Verbesserung des Parameters von +1,0. In der Placebogruppe war hingegen eine Verschlechterung von -2,1 Punkten zu verzeichnen.
Die kürzlich zu dieser Studie veröffentlichte Posthoc-Analyse gibt Aufschluss darüber, wie sich die Parkinsonsymptomatik in den einzelnen Subgruppen verändert hat. Das Ergebnis zeigt, welche Patientengruppen von einer Behandlung mit dem Antidiabetikum profitieren können. Die Probanden der Verumgruppe wurden nach Alter, motorischem Phänotyp sowie Erkrankungsdauer und -schwere klassifiziert. In allen Subgruppen zeigte sich eine Verbesserung der motorischen und nichtmotorischen Symptomatik sowie der Parameter Kognition und Lebensqualität.
Das beste motorische Therapieansprechen zeigten Teilnehmer mit tremordominantem Parkinson-Phänotyp und niedrigem zweiten Teil des MDR-UPDRS. Dieser umfasst beispielsweise Sprechen, Speichelfluss, Ankleiden, Handschrift, Körperpflege, Gehen und Gleichgewicht sowie Gangblockaden. Die Daten zeigen, dass jüngere Patienten besser auf die Behandlung mit Exenatid ansprachen als ältere Patienten und jene mit einer Krankheitsdauer von mehr als zehn Jahren. Es sind jedoch noch weitere Studien nötig, um den möglichen krankheitsmodifizierenden Effekt nachzuweisen.
GLP-1-Agonisten werden nervenschützende Eigenschaften durch eine Stimulierung der GLP-1-Rezeptoren zugesprochen. Denn die Rezeptoren befinden sich nicht nur im Magen-Darm-Trakt sondern auch im Gehirn. Vermutlich führt die Anwendung von Exenatid zu einer Stabilisierung dopaminerger Neuronenverbindungen und in der Folge zu einer Verbesserung der Parkinson-Symptome. GLP-1-Analoga stimulieren die Insulinfreisetzung aus den Langerhans-Inseln und unterdrücken die Glukagon-Sekretion. Zudem werden die Magenentleerung verzögert und das Körpergewicht reduziert. Die Antidiabetika sind zur Behandlung von erwachsenen Typ-2-Diabteikern ergänzend zu Diät und körperlicher Bewegung angezeigt.
In Deutschland gibt es etwa 220.000 Parkinson-Patienten. Jährlich erkranken etwa 11 bis 19 Personen pro 100.000 Einwohner neu. Die Erkrankung betrifft vor allem bestimmte Teile des Gehirns. Diese Hirnbereiche weisen einen Mangel an Dopamin auf, da Dopamin-haltige Neuronen nach und nach absterben. Die Ursachen dafür sind nicht geklärt. Hirnbereiche mit den Nervenzellen, die den Botenstoff enthalten, kontrollieren willkürliche und unwillkürliche Bewegungen. Bewegungsstörungen sind daher typisch für die Erkrankung, dessen Hauptsymptome Akinese, Ruhetremor, Rigor, Stand- und Gangunsicherheit sowie Verlust der Stell- und Halterreflexe sind.
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