Pioglitazon verhindert Schlaganfälle Dr. Kerstin Neumann, 25.02.2016 11:36 Uhr
Actos (Pioglitazon) spielt in Deutschland kaum eine Rolle. Das Antidiabetikum konnte zwar die Insulinsensitivität bei Typ-2-Diabetikern sehr effektiv erhöhen, wird aber mit kardiovaskulären Risiken und dem Auftreten von Blasenkrebs in Zusammenhang gebracht. Jetzt macht der Wirkstoff für eine andere Indikation von sich reden: Pioglitazon könnte Schlaganfall-Rezidive verhindern.
Patienten, die bereits einen Schlaganfall oder eine transiente ischämische Attacke (TIA) überstanden haben, zeigen in der Folge ein sehr hohes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Daher gilt die Prävention als eines der wichtigsten Therapieziele für diese Personen. Auffällig ist, dass mehr als die Hälfte der Patienten mit Schlaganfall oder TIA gleichzeitig eine Insulinresistenz aufweisen, die wiederum mit Pioglitazon behandelt werden könnte. Dies warf bei Forschern der Yale University die Frage auf, ob die Behandlung der Resistenz möglicherweise das Risiko für erneute Schlaganfälle verringern könnte.
Die Wissenschaftler initiierten eine klinische Studie, deren Ergebnisse jetzt im Fachjournal „New England Journal of Medicine“ (NEJM) veröffentlicht wurde. Knapp 4000 Patienten wurden fünf Jahre lang mit Pioglitazon oder Placebo behandelt. Knapp 180 Kliniken beteiligten sich an der Untersuchung, darunter auch die Universität Heidelberg. Bei keinem Teilnehmer war Diabetes diagnostiziert worden, alle wiesen aber eine Insulinresistenz auf.
Nach Abschluss der Studie zeigte sich: Im Vergleich zur Placebogruppe hatten die Patienten unter medikamentöser Behandlung ein um 24 Prozent verringertes Risiko für das erneute Auftreten eines Schlaganfalls. Gleichzeitig entwickelten 3,8 Prozent der Pioglitazon-Patienten Diabetes im Vergleich zu 7,7 Prozent in der Placebogruppe.
Im Rahmen der Behandlung traten allerdings auch unerwünschte Wirkungen auf: In der Verum-Gruppe nahm mehr als jeder zweite Patient mindestens 4,5 kg zu. Auch Ödeme und Knochenbrüche, die stationär oder operativ behandelt werden mussten, traten unter dem Antidiabetikum deutlich häufiger als unter Placebo (5,1 gegenüber 3,2 Prozent). Diese Ergebnisse sind vergleichbar mit den Effekten aus früheren Pioglitazon-Studien, in denen es als Antidiabetikum eingesetzt worden war.
Eine höhere Inzidenz von Krebserkrankungen hingegen wurde nicht beobachtet. In der Vergangenheit hatten mehrere Studien auf ein leicht erhöhtes Risiko für Patienten hingewiesen, an Blasenkrebs zu erkranken. Eine Metaanalyse ergab für die mit dem Wirkstoff behandelten Patienten ein Risiko von 0,15 Prozent, in der Kontrollgruppe lag es bei 0,07 Prozent. Die EMA hatte dennoch eine positive Nutzen-Risiko-Bewertung abgegeben; durch Verordnungsbeschränkungen durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Deutschland hatte sich der Wirkstoff allerdings nicht mehr am Markt behaupten können.
Pioglitazon gehört zur Gruppe der Thiazolidindione. Sie erhöhen die Insulinempfindlichkeit, indem sie im Zellkern den Rezeptor PPAR-gamma (Peroxisome Proliferator-Activated Receptor gamma) aktivieren. Dadurch wird die Regulation verschiedener Stoffwechselwege beeinflusst, unter anderem auch die Empfindlichkeit der Körperzellen für Insulin.