Jardiance: Wieder kein Zusatznutzen APOTHEKE ADHOC, 06.06.2016 08:08 Uhr
Auch im zweiten Anlauf hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) keinen Zusatznutzen für das Antidiabetikums Jardiance (Empagliflozin) gefunden. Neue Daten des Herstellers Boehringer hatten keine zusätzlichen Erkenntnisse gebracht. Eine endgültige Entscheidung trifft nun der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA).
Der SGLT-2-Inhibitor senkt durch Hemmung des renalen Natrium-Glucose-Co-Transporter im proximalen Tubulus die Rückresorption von Glucose aus dem Primärharn. Das Produkt ist seit Mai 2014 zur Behandlung von erwachsenen Typ-2-Diabetikern zugelassen. Der Wirkstoff kann als Monopräparat Anwendung finden, wenn Patienten Metformin nicht vertragen. Desweiteren ist Empagliflozin auch als Zusatztherapie in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln einschließlich Insulin anwendbar.
Boehringer hatte bereits vor zwei Jahren für verschiedene Kombinationen einen Zusatznutzen unterschiedlichen Ausmaßes gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien postuliert. Die Bewertung der Experten wich davon aber eindeutig ab: Laut IQWiG lag für keine Kombinationsform von Empagliflozin ein Zusatznutzen vor, da der Hersteller keine relevanten Studien vorweisen konnte.
Nun legte Boehringer nach. Mit neuen Studien hatte der Hersteller sogar gleich zwei Dossiers eingereicht: Zum einen sollte der Zusatznutzen für Empagliflozin allein bewertet werden, zum anderen reichte der Hersteller neue Daten zur Kombination mit Metformin ein. Überzeugen konnte Boehriunger das IQWiG dennoch nicht. Nach wie vor enthielten die Dossiers keine für die Fragestellungen relevanten oder geeigneten Daten und Auswertungen, so das Institut. Daher sei ein Zusatznutzen gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien weiterhin nicht belegt. Erneut habe der Hersteller keine Daten vorgelegt, die relevante G-BA beantworteten.
Auch die zusätzlich eingereichten Auswertungen der großen Studie EMPA-REG-Outcome, bei der Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko untersucht worden waren, seien für eine Bewertung des Zusatznutzens in Deutschland nicht geeignet. Bei der Durchführung war die in Deutschland gängige Standardtherapie nicht berücksichtigt worden. Zusätzlich seien die Effekte regional sehr unterschiedlich gewesen. In den europäischen Studienzentren sei der Benefit für die Patienten nicht klar darstellbar gewesen.
Die Bewertung von direkten Vergleichsdaten sei inhaltlich unvollständig, obwohl schon seit der ersten Dossierbewertung bekannt gewesen sei, auf welche patientenrelevanten Endpunkte es ankomme, so das IQWiG. In den indirekten Vergleichen mit der zweckmäßigen Vergleichstherapie gebe es außerdem Widersprüche zu den Studienberichten. In einem zweiten indirekten Vergleich seien die Studien zu unähnlich, um verwertbare Aussagen zu treffen.
Für Thomas Kaiser, Leiter des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG, ist der Versuch des Herstellers, für bestimmte Betroffene einen Zusatznutzen zu belegen, eine vertane Chance. Die Durchführung von großen und langen Studien könne zwar nur begrüßt werden, so Kaiser. In der Durchführung habe es jedoch unübersehbare Mängel gegeben. Die Empfehlung des IQWiG wird nun an den G-BA übergeben, der abschließend die Entscheidung über den Zusatznutzen trifft.