FDA rehabilitiert Avandia APOTHEKE ADHOC, 27.11.2013 11:23 Uhr
Avandia (Rosiglitazon) war neben Lipobay (Cerivastatin) und Vioxx
(Rofecoxib) eines der umstrittensten Arzneimittel der vergangenen Jahre.
Wegen mutmaßlicher schwerer kardialer Nebenwirkungen musste das
Antidiabetikum 2010 vom Markt genommen werden. Seitdem sind dem
Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) nicht nur Milliardenumsätze verloren
gegangen, sondern auch der Patentschutz für das Präparat. Jetzt hat die
US-Arzneimittelbehörde FDA Avandia rehabilitiert und die Einschränkungen
aufgehoben.
Avandia war 1999 zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassen worden – mitten im Streit um hepatotoxische Nebenwirkungen von Rezulin (Troglitazon), dem ersten Vertreter der Substanzklasse. Im Mai 2007 veröffentlichten Mediziner aus Cleveland eine Metaanalyse von 42 Studien, derzufolge das Risiko für kardiovaskuläre Nebenwirkungen unter Avandia um 43 Prozent erhöht ist und Todesfälle sogar 64 Prozent häufiger auftreten. Die FDA kam später auf 80 beziehungsweise 46 Prozent.
Im Herbst 2010 musste GSK das Präparat in Europa vom Markt nehmen. In den USA wurde die Anwendung drastisch eingeschränkt: Nur Patienten, deren Blutzuckerspiegel mit keinem anderen Medikament kontrolliert werden kann oder die den letzten verbliebenen Insulinsensitizer Actos (Pioglitazon, Takeda) nicht vertragen, durften seitdem noch mit Avandia behandelt werden. Außerdem musste GSK ein Programm zur Risikoauswertung aufbauen.
Diese Beschränkungen wurden jetzt aufgehoben: Denn in einer Postmarketing-Studie des Herstellers mit 4500 Patienten über knapp sechs Jahre konnte kein signifikant erhöhtes Risiko mehr gefunden werden. Zwar gibt es Kritik an der Methodik der Untersuchung, insbesondere wegen der fehlenden Verblindung. Doch der FDA reichen die Ergebnisse für die Neueinschätzung.
Die Rehabilitierung hat ohnehin vermutlich kaum noch Auswirkungen auf den klinischen Alltag: Während früher 120.000 Diabetiker mit dem Medikament behandelt wurden, sind es heute laut GSK nur noch 3000. Die Verunsicherung bei den Patienten wird auch das Votum der FDA nicht ausräumen können.
Schließlich ist 2011 der Patentschutz gefallen, sodass eine zweite Chance in Europa unwahrscheinlich ist. GSK will sich zu der Frage derzeit nicht äußern.
Zumindest bei den noch anhängigen Rechtsstreitigkeiten könnte das positive Votum dem Konzern helfen. Viele Verfahren sind einem Sprecher zufolge aber bereits abgeschlossen.