Psychische Erkrankungen

Antidepressiva: Suizidrisiko vorprogrammiert?

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Berlin -

Jedes Jahr erkranken 1 bis 2 Prozent der Deutschen erstmals an einer Depression. Jährlich leiden etwa vier Millionen Menschen an der Krankheit. Betroffene sehen die Welt grau, haben keinen Antrieb und ziehen sich sozial zurück. In besonders schwierigen Fällen spielen Betroffene mit dem Gedanken der Selbsttötung. Medikamentös werden Antidepressiva eingesetzt, um die Beschwerden zu lindern. Doch diese Mittel lassen bei manchen diesen Gedanken aufblühen oder auch neu entstehen. Ein Teufelskreis?

Depressionen nehmen zu und/oder werden häufiger als solche erkannt. Sie können in jedem Lebensalter auftreten. Nach neueren Erkenntnissen ist ein deutlicher Teil der Menschen bereits in der Kindheit oder Adoleszenz erkrankt. Dabei erkranken Frauen doppelt so häufig wie Männer. Bei depressiv erkrankten Menschen ist die Suizidrate im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung deutlich erhöht. In der Therapie der Depression kommen in der Regel zusätzlich zur medikamentösen Therapie auch eine Psychotherapie zum Einsatz.

Es ist schon lange bekannt, dass die Einnahme von Antidepressiva das Risiko für einen Suizid verstärken kann, insbesondere zu Behandlungsbeginn. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts haben herausgearbeitet, dass durch die Behandlung mit Antidepressiva bei 8,1 Prozent aller Patienten Suizidgedanken auftreten. Der suizidalen Effekt der Substanzen trat in ihrer Untersuchung bei Patienten bis zum 75. Lebensjahr auf.

Antidepressiva wirken unterschiedlich. Während einige Gruppen stimmungsaufhellend (thymoleptisch) wirken, sind andere Substanzen überwiegend antriebssteigernd (thymeretisch). Gefährlich wird es, wenn bei schwer depressiven Menschen nur der Antrieb gesteigert wird, nicht aber die Stimmung. Problematisch ist, dass die antidepressive Wirkung erst nach einigen Wochen einsetzt, während die aktivierenden Effekte meist schnell sichtbar werden. Folge: Die Patienten sind zwar immer noch depressiv, haben aber mehr Energie und setzen ihren Selbstmordgedanken in die Tat um.

Doch das Risiko für einen Selbstmord hängt vermutlich auch von dem Wirkstoff ab, welcher der Patient von seinem Arzt verordnet bekommen hat. Darüber haben Forscher um Dr. Carol Coupland von der Universität Nottingham bereits vor einigen Jahren berichtet. Sie haben nämlich untersucht, inwiefern es Unterschiede des Suizidrisikos in Bezug auf die verordnete Wirkstoffklasse gibt. In einer Kohortenstudie untersuchten sie die Daten von 238.963 Patienten im Alter zwischen 20 und 64 und beobachteten sie über zwölf Jahre. In den ersten fünf Jahren des Follow-ups traten 198 Fälle von Selbstmord und 5243 Fälle von Selbstmordversuch oder Selbstverletzung auf.

Sie konnten zeigen, dass es einen signifikanten Unterschied zwischen der Behandlung mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) wie Citalopram und anderen Antidepressiva gab. Das Risiko für Suizidversuche unter Mirtazapin war gegenüber Citalopram signifikant erhöht. Bei Venlafaxin (selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, SSNRI), sowie bei Trazodon (Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, SRI) war das Suizidrisiko zwar auch etwas höher, allerdings gab es keine statistische Signifikanz. Bei trizyklischen Antidepressiva wie Doxepin und Amitryptilin wurde kein erhöhtes Risiko beobachtet.

Da Beobachtungsstudien anfällig für Bias sind, können die Ergebnisse durch verschiedene Faktoren verzerrt worden sein. Dennoch raten Experten weiterhin, Patienten, die Antidepressiva einnehmen, sorgfältig zu überwachen, insbesondere am Anfang der Behandlung und auch beim Absetzen der Medikamente.

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