Vancomycin: Ammonium gegen Resistenzen Nadine Tröbitscher, 06.06.2017 13:25 Uhr
Antibiotikaresistenzen können lebensgefährlich sein und Behandlungen unmöglich machen. Ein altbekannter Wirkstoff erlebt gerade ein Revival und bekommt in der EU eine neue Produktinformation, um die Resistenzentwicklung zu minimieren: Vancomycin wurde generalüberholt und ist nun der Hoffnungsschimmer am Horizont.
Das Antibiotikum wird seit den 50er Jahren eingesetzt. Schwere Infektionen wie Sepsis oder durch MRSA-Keime verursachte Infektionen können mit Vancomycin behandelt werden. Das Glykopeptid-Antibiotikum ist gegen gram-positive Bakterien wirksam und hemmt den Aufbau der Bakterien-Zellwand: Der Wirkstoff bildet mit dem bakteriellen Zellwandbestandteil Murein einen Komplex, somit bleibt die Quervernetzung aus. Die Bakterien können gar platzen.
Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) hat die verfügbare Datenlage bezüglich der antimikrobiellen Resistenzen von Vancomycin-haltigen Infusionslösungen, Oralia und Injektionslösungen neu bewertet. Die Produktinformationen werden nun aktualisiert.
Vancomycin zur Infusion kann bei Patienten jeden Alters eingesetzt werden, die an komplizierten Haut- und Weichteilinfektionen, Knochen- und Gelenkinfektionen, ambulant erworbener und nosokomialer Pneumonie, infektiöser Endokarditis, akuter bakterieller Meningitis oder Bakteriämie leiden. Die Anfangsdosis sollte auf Alter und Gewicht der Patienten abgestimmt sein.
Außerdem können Parenteralia, die auch zur oralen Gabe zugelassen sind, bei Patienten aller Altersstufen für die Behandlung von Infektionen mit Clostridium difficile (CDI) eingesetzt werden. Parenterale Zubereitungen, die für den intraperitonealen Gebrauch zugelassen sind, können zur peritonealen Dialyse-assoziierten Peritonitis in jedem Alter Anwendung finden.
Kapseln sollten oral nicht bei immungeschwächten Patienten zur Behandlung einer Staphylokokken-Enterokolitis oder zur Dekontamination des Gastrointestinal-Traktes eingesetzt werden. Patienten ab zwölf Jahren, die an einer CDI erkrankt sind, können mit den Kapseln therapiert werden. Die Tageshöchstdosis bei oraler Gabe beträgt zwei Gramm und sollte nicht überschritten werden. Werden Patienten mit Vancomycin peroral behandelt, die an entzündlichen Darmerkrankungen leiden, muss die Therapie überwacht werden.
Wissenschaftler vom Scripps Research Institute im kalifornischen La Jolla hatten den Wirkstoff generalüberholt und ihre Ergebnisse im Fachjournal „PNAS“ veröffentlicht: Vancomycin soll 25.000 Mal stärker sein als andere Antibiotika, wenn ein Ammoniumsalz an einer gezielten Stelle des Moleküls ergänzt wird. Die neue Formulierung wirke sogar gegen Vancomycin-resistente Keime. Ein Wermutstropfen bleibt – die Modifizierung ist aufwendig und teuer.