Seit Wochen kämpfen die Apotheken mit Lieferengpässen bei Antibiotika, vor allem als Saft für Kinder. Eine Bekanntmachung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) macht den Versorgungsmangel nun offiziell.
„Derzeit besteht nach Mitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Deutschland ein Versorgungsmangel mit antibiotikahaltigen Säften für Kinder“, erklärt das BMG. Es handele sich um Arzneimittel, die zur Vorbeugung oder Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen eingesetzt werden. Für diese Arzneimittel stehe oftmals keine alternative gleichwertige Arzneimitteltherapie zur Verfügung, heißt es in dem Schreiben weiter.
„Diese Feststellung ermöglicht es den zuständigen Behörden der Länder, nach Maßgabe des § 79 Absatz 5 und 6 AMG im Einzelfall ein befristetes Abweichen von den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes zu gestatten.“
Erst in der vergangenen Woche mahnte die Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) vor ernsten Komplikationen aufgrund der fehlenden Medikamente zur Therapie von bakteriellen Infektionen: „Die Situation ist so ernst, weil es auf dem Markt so gut wie keine Antibiotika-Saftzubereitungen mehr gibt. Betroffen sind von der Welle überwiegend Kindergarten- und Grundschulkinder“, so die Vorstandsvorsitzende Dr. Monika Schliffke. „Hinzu kommen auch noch deutliche Steigerungen durch andere Streptokokkenanginen und eitrige Mittelohrentzündungen, die ebenso wie Scharlach ernste Komplikationen auslösen können.“
Momentan fahren Eltern, um die Antibioika zu bekommen, von einer Apotheke zur anderen und legen dabei zu Notdienstzeiten abends und an Wochenenden weite Wege zurück – manchmal mehr als 30 Kilometer. In vielen Fällen müssten zudem Rücksprachen zwischen Apotheker und Arztpraxis gehalten werden, wenn zum Beispiel statt eines Saftes nur Tabletten erhältlich sind und Dosisanpassungen erfolgen müssen.
„Wir erwarten in den nächsten Wochen kaum Besserung, der gesamte europäische Markt scheint leer zu sein“, so die KVSH weiter. „Dies ist jetzt ein dringlicher Appell an die Bundesregierung, sich um die Arzneimittelgrundversorgung zu kümmern, damit wenigstens für die nächste Saison ausreichend vorgesorgt werden kann.“ Die Zahlen seien da und die erforderlichen Mengen berechenbar. „Der Sparzwang der letzten Jahre darf nicht länger auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden, erst recht nicht bei den Kleinsten“, heißt es.
Kürzlich warnten auch der Apothekerverband und die KV Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam vor einer weiteren Zuspitzung der Versorgungslage: Es sei demnach nicht auszuschließen, dass Kinder ins Krankenhaus eingewiesen werden müssten, um dort ein Antibiotikum intravenös zu erhalten, wenn weder Säfte noch Tabletten verfügbar seien.
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