Der britische Apotheker Stewart Adams hatte sich mit Freunden ein paar Drinks genehmigt. Am nächsten Morgen sollte er einen Vortrag halten – war jedoch leicht verkatert. Glücklicherweise hatte er gerade ein Schmerzmittel entwickelt, das er an diesem Morgen an sich selbst testete. Katersymptome sind immer noch eines von vielen Leiden, gegen das Adams' Analgetikum Ibuprofen eingesetzt wird.
Auch wenn Ibuprofen in den Apotheken heute ein absoluter Schnelldreher ist: Bis das Medikament 1969 auf den Markt gebracht werden konnte, dauerte es ganze 16 Jahre. Bereits 1953 begann Adams zusammen mit seinem Kollegen John Nicholson, für das britische Unternehmen Boots an dem Mittel zu forschen.
Adams fing 1939 als Sechzehnjähriger in einer Boots-Apotheke eine Ausbildung zum Apotheker an – und blieb dem Konzern bis zur Rente treu. Dass er in der Pharmaindustrie landete, sei ein absoluter Zufall gewesen, sagte Adams in einem Bericht des Pharmaceutical Journal (PJ). Allerdings habe er sich schon immer für die Naturwissenschaften interessiert.
Von 1942 bis 1945 studierte Adams am University College in Nottingham Pharmazie. Als Student wurde er im Zweiten Weltkrieg nicht eingezogen. Im Anschluss an seinen Bachelor promovierte er an der Universität Leeds. Dafür erhielt er ein Stipendium von Boots sowie der Pharmaceutical Society.
1952 kehrte Adams schließlich zu Boots in die Forschungsabteilung zurück. Er bekam den Auftrag, ein Rheuma-Schmerzmittel entwickeln. Das war laut Adams eine Herausforderung, denn damals wusste niemand, wodurch rheumatische Arthritis überhaupt ausgelöst wurde.
Adams und Nicholson fingen an, sich mit dem Aspirin-Wirkstoff Acetylsalicylsäure auseinanderzusetzen. Sie untersuchten die Wirkweise des Medikaments, was Adams zufolge praktisch niemand seit der Markteinführung getan hatte. Dann versuchten sie sich daran, Analoga zum Wirkstoff zu entwickeln.
Leider waren die beiden damit nicht besonders erfolgreich: Keine Verbindung, die sie testeten, war ähnlich wirksam wie Aspirin. „Das war unsere erste große Enttäuschung“, gestand Adams dem PJ. Doch er war sich sicher, dass sie etwas Besseres finden würden.
Die zwei Wissenschaftler testeten zahlreiche andere Stoffgruppen. Einige Wirkstoffe schafften es in die klinischen Tests, Ibufenac sogar in den Verkauf. Aber entweder waren sie letztlich beim Menschen wirkungslos oder die Nebenwirkungen zu heftig; so ist Ibufenac lebertoxisch. Doch letztlich stießen die Forscher auf die Propionsäuren, genauer auf 2-(4-Isobutylphenyl)propionsäure – Ibuprofen.
Anfang der 1960er Jahre ließ sich Boots den Arzneistoff patentieren. Drei Jahre später wurde der Stoff für weitere Forschungen ausgewählt, 1966 ging es in die klinische Phase in einem Krankenhaus in Edinburgh. Dort konnte die entzündungshemmende Wirkung von Ibuprofen gezeigt werden. Laut Adams war Ibuprofen nicht der aktivste Wirkstoff, den die Forschergruppe gefunden hatte. Dafür aber der verträglichste; und das sei ein wichtiges Kriterium gewesen. Ibuprofen wurde 1969 zunächst als Rx-Medikament in Großbritannien zugelassen. Seit 1983 ist es rezeptfrei erhältlich.
Adams und Nicholson wurden von ihrer Entdeckung nicht reich. Der inzwischen 92-jährige Adams sagt, dass das Arzneimittel sein Leben nicht verändert habe. Allerdings habe er als Vertreter für das Medikament viel reisen können. In den 1970ern konnte er beispielsweise Afghanistan besuchen. Dort habe er festgestellt, erzählte er der BBC, dass selbst in entlegenen Dörfern am Chaiber-Pass sein Ibuprofen verkauft werde.
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