ASS 100 zur Blutverdünnung ist ein Schnelldreher in der Apotheke. Ein Produkt weicht allerdings ab: Heumann bietet das Arzneimittel für Kinder ab sechs Monaten zur Behandlung von Schmerzen und Fieber an.
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ASS darf bei Kindern nur nach strenger Indikationsstellung und mit besonderer Vorsicht verabreicht werden. Denn in Zusammenhang mit einem viralen Infekt kann es bei Patienten unter zwölf Jahren unter ASS zum Reye-Syndrom kommen – einer Enzephalopathie, benannt nach dem australischen Pathologen Douglas Reye. Die anfänglichen Symptome sind Erbrechen, Lethargie und unaufhörliches Schreien; bei voll ausgeprägtem Krankheitsbild kann es zu Krämpfen, Hirnödemen und Koma kommen. Wird der Zusammenhang zu ASS nicht erkannt, kann die Komplikation einen tödlichen Ausgang nehmen.
Offenbar führt ASS in Mitochondrien in Leber, Skelettmuskel und Gehirn zu einem Funktionsverlust. Es kommt zu Azidose und der Anreicherung von Ammoniak und langkettigen Fettsäuren. Folgen sind eine Verfettung der Leber und eine Ödembildung im Gehirn.
Im Jahr 1989 wurden schon Überlegungen durch das damalige Bundesgesundheitsamt (BGA) angestellt, ASS mit einer Warnung zu versehen. Es gebe den Verdacht, dass die Einnahme von ASS-Präparaten für Kinder und Jugendliche unter bestimmten Umständen lebensgefährlich sein könne. Anwendungsbeschränkungen haben es aber seitdem nicht in die Fachinformation geschafft.
Die Lehrmeinung ist einheitlich: ASS sollte nicht bei unklarem Fieberinfekt bei Kindern eingesetzt werden. In der Apotheke werden andere Wirkstoffe empfohlen: Fragen Eltern nach einem Fieber- oder Schmerzmittel für Kinder, raten die Mitarbeiter zu Arzneimitteln mit Ibuprofen oder Paracetamol.
Präparate mit der Zulassung haben sich aufgrund mangelnder Nachfrage nicht durchgesetzt. Bayer hatte vor Jahren das Arzneimittel „Aspirin Junior“ auf dem Markt. Hiervon hat sich der Leverkusener Konzern verabschiedet; das Präparat wurde kaum verkauft.
Nur Heumann hat weiterhin ein ASS-Präparat zur Anwendung bei Kindern im Sortiment. Die Zulassung hat bereits einige Jahre auf dem Buckel; für den Hersteller hat das Produkt aber keine Bedeutung mehr. Eine Änderung der Zulassung auf die Indikation Thrombozytenaggregationshemmung sei schlichtweg zu teuer bei den sehr geringen Tagestherapiekosten, heißt es.
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