Rückrufe kommen künftig täglich APOTHEKE ADHOC, 05.07.2017 14:48 Uhr
Bislang wurden Apotheker immer dienstags in ihr Warenlager gerufen, um mangelhafte Chargen aus dem Verkehr zu ziehen. Weil sich die Welt aber schneller dreht, will die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK) die Meldungen nun täglich veröffentlichen. APOTHEKE ADHOC wird entsprechend weiter aktuell berichten – auch um Apotheken vor Retaxationen zu schützen.
Der Dienstag war bislang der Tag der AMK-Meldungen und fest in die Wochenplanung verankert, nun sollen Arzneimittelrisiken tagesaktuell an die Apotheken kommuniziert werden. Dazu werden die Nachrichten auf der ABDA-Website kontinuierlich per RSS-Feed zur Verfügung gestellt. Auch die Chargenüberprüfungen und -rückrufe sowie die Informationen der Hersteller werden nun täglich veröffentlicht.
Die AMK fordert die Apotheken auf, ihre internen Abläufe um- und sich auf tägliche Kontrollen einzustellen. Nähere Angaben machte die Geschäftsstelle nicht. In der Vergangenheit hatte die Verzögerung den Apotheken bereits Ärger bereitet: Als am 15. April 2015 Lösungen mit Metoclopramid (MCP) zurückgerufen wurden, gaben einige Apotheken die entsprechenden Produkte noch weiter ab. Für sie war der Tag, an dem die AMK-Meldungen in der Standespresse veröffentlicht wurden, entscheidend.
Aus Sicht einiger Kassen war jedoch der 15. April der maßgebliche Stichtag. Die AOK Sachsen-Anhalt etwa retaxierte Apotheker auf Null, die MCP-Präparate am Folgetag abgegeben hatten. „Mit dem Entzug der Verkehrsfähigkeit ist den Apothekern mit sofortiger Wirkung eine Abgabe an Patienten untersagt. Die Medikamente konnten gegen Erstattung an die Arzneimittelhersteller zurückgegeben werden. Es entfällt der Anspruch der Apotheker auf Vergütung durch die GKV.“
Ohnehin gibt es bei Rückrufen einen zeitlichen Verzug, sofern nicht aufgrund eines dringenden Risikos ein Rote-Hand-Brief verschickt wird. Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gilt nach wie vor die postalische Zustellung als das Maß der Dinge. Im Fall von MCP waren die Stufenplanbeteiligten eine Woche vor den Apotheken informiert.
Nach Ansicht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ist entscheidend, ob Apotheker bei der Abgabe der nicht mehr verkehrsfähigen Arzneimittel gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen haben. „Das ist der Fall, wenn sie von dem Widerruf der Zulassung wussten oder hätten wissen müssen“, heißt es aus dem Ministerium. Konkreter wurde das Haus von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nicht: „Wann Apotheker Kenntnis von der fehlenden Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels hätten haben müssen, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und muss daher für jeden Einzelfall gesondert geprüft werden.“
Auch die ABDA wollte seinerzeit keine Aussagen dazu treffen, ab welchem Zeitpunkt Rückrufe für die Apotheker bindend sind. Doch es geht um mehr als um Retaxationen – allen voran die Patientensicherheit. Die Abgabe eines nicht verkehrsfähigen Arzneimittels ist in diesem Zusammenhang auch für haftungs- und letztlich strafrechtliche Fragen relevant.
Im vergangenen Jahr gingen 8891 Spontanberichte bei der AMK ein. Das ist eine Steigerung zum Vorjahr um etwa 6 Prozent. Im bisherigen Rekordjahr 2014 waren 8800 Meldungen aus den Apotheken eingegangen. 4584 verschiedene Apotheken schickten Meldungen zu Qualitätsmängeln und unerwünschten Wirkungen an die Geschäftsstelle. Rund 90 Prozent betreffen Arzneimittel, davon 6132 Rx- und 1907 OTC-Präparate.
Die häufigsten Qualitätsmängel stellten Verpackungsfehler dar, gefolgt von galenischen Mängeln, mechanischen Defekten und Deklarationsfehlern. Unerwünschte Wirkungen machen etwa 30 Prozent der eingegangenen Meldungen aus; im Vergleich zum Vorjahr sank ihre Zahl um 36 auf 2640. Darunter befanden sich laut AMK 662 schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), die umgehend weitergeleitet wurden, und 151 UAW im Zusammenhang einer Substitution. Zu Medikationsfehlern gingen 134 Meldungen ein. Vorkommnisse zu Medizinprodukten wurden 62-mal an die AMK gemeldet.
Im vergangenen Jahr veröffentlichte die AMK insgesamt 298 Nachrichten, 33 weniger als 2015. Darunter waren 20 Rote-Hand- und Informationsbriefe und 16 Informationen oder Stellungnahmen der AMK. Behörden und verschiedene Institutionen veröffentlichten 30 Nachrichten über Risiken von Arzneimitteln und anderen Produkten. Unter den Meldungen waren 170 Chargenrückrufe und 10 Chargenüberprüfungen. Insgesamt wurden 35 Rückrufe von der AMK bekannt gegeben.