Durch den Klimawandel breiten sich neue Pflanzen in Europa aus. Einige Vertreter können mit bestimmten Gesundheitsrisiken einhergehen. So warnen Expert:innen aktuell vor der Ambrosia-Pflanze: Sie ist aufgrund der höheren Temperaturen vermehrt auch in Deutschland zu finden und kann zu starken Atemwegsbeschwerden und Asthmaanfällen führen – auch bei Nicht-Allergiker:innen.
Ursprünglich stammt die Ambrosia artemisiifolia (Beifußblättriges Traubenkraut) aus Nordamerika. Seit den 1990er-Jahren verbreitet sie sich zunehmend auch in Deutschland. Sie sei „ein Neubürger mit besonderer Gesundheitsgefahr“, urteilt das Julius Kühn-Institut, eine Forschungseinrichtung des Bundes. „Auch Menschen, die sonst nicht allergisch auf Pollen reagieren, können eine Allergie entwickeln.“ Dabei reichten schon geringe Konzentrationen von fünf bis zehn Pollen pro Kubikmeter Luft aus, um einen allergischen Anfall auszulösen.
Die Pflanzen können bis zu etwa zwei Meter groß werden, die meisten Exemplare sind aber weniger als einen Meter hoch. Ihre Blütezeit ist von Juli bis Oktober. Damit verlängern sich Pollenflugsaison und Pollenkonzentration insgesamt. Das kann eine längere Leidenszeit im Jahr für Allergiker:innen bedeuten. „In privaten Gärten findet man sie vor allem unter Vogelfutterplätzen“, erläutert das Julius-Kühn-Institut. Das liege daran, dass Vogelfutter mit Ambrosia-Samen verunreinigt sein kann. Außerdem wird auch eine Ausbreitung über Futtermittel für möglich gehalten – daher ist gemäß EU-Verordnung eine Höchstgrenze festgelegt worden.
Expert:innen warnen aktuell vor einer weiteren Ausbreitung der wärmeliebenden Ambrosia-Pflanze. „Sie wird zunehmend zu einem Gesundheitsproblem“, sagt Aljoscha Kreß vom Fachzentrum Klimawandel und Anpassung des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Wiesbaden. Die Pollen der Beifuß-Ambrosie könnten bei sensibilisierten Menschen schwerwiegende Atemwegsallergien bis hin zu Asthma auslösen.
Untersuchungen zeigen, dass Ambrosia trotz einiger Bekämpfungserfolge nur schwer einzudämmen ist. Bei einem Drittel der Vorkommen wurde teilweise eine starke Zunahme festgestellt. Zudem wurden neun neue Großvorkommen entdeckt, meist auf Baustellen und Erdablagerungen, sowie mehr als 30 neue Kleinvorkommen, beispielsweise an Straßenrändern. „Die Art kommt mit vielen Standorten klar, bevorzugt aber sandige Böden, wie sie in Südhessen häufig zu finden sind“, erklärt Kreß.
Die Pflanze sollte am besten noch vor der Blüte samt Wurzel mit Handschuhen ausgerissen werden, erklärt das Umweltbundesamt. Eine blühende Ambrosia gehöre wegen der Gefahr der Weiterverbreitung nicht in Kompost, Biotonne oder Grünabfuhr, sondern, in einem Plastikbeutel verpackt, in den Restmüll.
Das Fachzentrum Klimawandel und Anpassung will im Herbst 2022 einen Runden Tisch zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern der Landesverwaltung sowie betroffener Kommunen ins Leben rufen. Dabei soll es darum gehen, wie die Ausbreitung der Pflanze begrenzt werden kann. Kreß verwies auf Bundesländer wie beispielsweise Brandenburg, wo inzwischen ganze Regionen von der invasiven Art besiedelt seien, was zum Teil zu Ernteausfällen führe. In Bayern und Brandenburg gebe es bereits Programme zur Bekämpfung.
Was die Bedrohung durch Ambrosia angeht, gibt es in der Wissenschaft durchaus verschiedene Meinungen. Es sei nicht bewiesen, dass ihre Pollen ein besonders starkes Allergen seien, sagt der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst, Karl-Christian Bergmann, in Berlin. Die Allergene stimmten zu mehr als 80 Prozent mit der Schwesterpflanze, dem Beifuß überein. Es ist aus Sicht des Professors schwer zu unterscheiden, auf welche Pollen genau ein Patient reagiere. Patient:innen mit Ambrosia-Allergie seien extrem selten.
Ganz anders lautet die Einschätzung des Präsidenten des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen, Ludger Klimek, in Wiesbaden: „Wir sehen immer mehr Allergiker.“ Besonders gefährdet seien alle Menschen, die auch schon andere Atemwegsallergien haben. Ambrosia-Pollen seien „besonders klein und hoch aggressiv“.
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