Ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Lancaster University, hat einen bedeutenden Durchbruch in der Alzheimer-Forschung erzielt. Sie entwickelten den Peptidinhibitor RI-AG03, der gezielt die wichtigsten Hotspots des Tau-Proteins im Gehirn angreift, die eine Hauptursache für Neurodegeneration sind. Der Inhibitor verhinderte erfolgreich die Ansammlung von Tau-Proteinen in Labor- und Fruchtfliegenstudien. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Alzheimer's & Dementia unter dem Titel „A novel peptide-based tau aggregation inhibitor as a potential therapeutic for Alzheimer's disease and other tauopathies“ veröffentlicht.
Alzheimer führt dazu, dass Tau-Proteine, die für die Struktur und Funktion von Neuronen entscheidend sind, nicht mehr richtig funktionieren und zu langen, verdrehten Fibrillen verklumpen. Diese lagern sich als Neurofibrillenbündel ab, was zu einer Verstopfung der Neuronen führt. Dadurch sind sie nicht mehr in der Lage, die notwendigen Nährstoffe und Signale zu erhalten, die sie zum Überleben brauchen.
Mit dem Absterben von immer mehr Neuronen kommt es zu einer Beeinträchtigung von Gedächtnis, Denken und Verhalten, was den kognitiven Abbau bei Alzheimer erklärt. Es gibt zwei spezifische Hotspots, an denen diese Verklumpung des Tau-Proteins auftritt. Während aktuelle Behandlungen sich auf einen dieser Hotspots konzentrieren, zielt das Medikament RI-AG03 auf beide ab und blockiert sie.
Die kürzlich veröffentlichte Forschung wurde von der Lancaster University in Zusammenarbeit mit der University of Southampton, der Nottingham Trent University, dem Tokyo Metropolitan Institute of Medical Science und dem University of Texas Southwestern Medical Centre geleitet. Der Hauptautor der Studie, Dr. Anthony Aggidis, ehemaliger Postdoktorand an der Lancaster University und Gastforscher an der University of Southampton, berichtet: „Durch die gezielte Beeinflussung beider Schlüsselbereiche des Tau-Proteins könnte dieser einzigartige Ansatz dazu beitragen, die zunehmenden Auswirkungen von Demenz auf die Gesellschaft zu bekämpfen und eine dringend benötigte neue Behandlungsoption für diese verheerenden Krankheiten bereitzustellen.“
Die Forschenden testeten RI-AG03 an Fruchtfliegen mit pathogenem Tau, um dessen Wirksamkeit gegen Neurodegeneration zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Wirkstoffkandidat die Neurodegeneration unterdrückt und die Lebensdauer der Fruchtfliegen im Versuch um etwa zwei Wochen verlängerte.
Denn: Bei der Untersuchung des Fliegengehirns stellten die Wissenschaftler:innen fest, dass die Behandlung mit RI-AG03 die Menge pathogener Fibrillen signifikant reduzierte, insbesondere bei höheren Dosen. Um die Ergebnisse zu verifizieren, testeten sie den Wirkstoffkandidaten auch in einer Biosensorzelle am University of Texas Southwestern Medical Centre, wo sie ebenfalls eine Verringerung der Aggregation von Tau-Proteinen beobachteten.
Amritpal Mudher, Professor für Neurowissenschaften an der Universität Southampton, weiß: „Es gibt zwei Bereiche des Tau-Proteins, die wie ein Reißverschluss wirken und seine Aggregation ermöglichen. Zum ersten Mal haben wir ein Medikament, das beide Bereiche wirksam hemmt. Dieser duale Zielmechanismus ist bedeutsam, da er beide Domänen anspricht, die die Tau-Aggregation stimulieren, und möglicherweise den Weg für wirksamere Behandlungen neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer ebnet.“
Das Forschungsteam ist optimistisch, dass ihre Erkenntnisse die Arzneimittelforschung für neurodegenerative Erkrankungen voranbringen werden. Sie planen, RI-AG03 zunächst an Nagetieren und anschließend in klinischen Studien zu testen.
Finanziert wurde das Forschungsvorhaben von der Alzheimer's Society UK. Dr. Richard Oakley, der stellvertretenden Direktor für Forschung und Innovation der Gesellschaft, deutet die Forschung auf vielversprechende Fortschritte in Richtung einer neuartigen Therapie hin. Ziel dieser Therapie ist es, die Verklumpung dieses Proteins zu verhindern. Es sei anzunehmen, dass der Wirkstoffkandidat gezielter wirken könnte als derzeit untersuchte Alternativen und weniger toxische Nebenwirkungen mit sich bringt.
Bei allem Optimismus bleibe laut Oakley aber zu betonen, „dass sich die Studie noch in einem frühen Stadium befindet. Daher wissen wir noch nicht, ob sie funktioniert oder für Menschen sicher ist. Es handelt sich jedoch um eine spannende Entwicklung und wir freuen uns darauf zu sehen, wohin sie führt.“
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