Das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) befällt nicht nur Blut-, sondern auch bestimmte Knochenzellen. Dort kann es überdauern und sich vor Arzneimitteln schützen. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences of the Unites States of America“ (PNAS) veröffentlicht wurde.
Patienten mit dem erworbenen Immunschwächesyndrom (AIDS, Acquired Immune Deficiency-Syndrome) sind mit HIV infiziert. Sie haben eine reduzierte Knochendichte und außerdem ein erhöhtes Risiko für Knochenschwund- sowie -brüche. Bislang wurde angenommen, dass dies eine Nebenwirkung der antiretroviralen Medikation ist. Französische Wissenschaftler haben nun entdeckt, dass das Virus zu erhöhtem Knochenabbau in menschlichen Osteoklasten beiträgt. Die Hauptaufgabe dieser Zellen ist der Abbau von Knochengewebe. Den Forschern zufolge verändert HIV die Struktur und Funktion der Resorptionsorte der Osteoklasten. Weiterhin identifizierten sie das virale Protein Nef als Schlüsselfaktor, der für solche Effekte verantwortlich sein soll.
Die Analysen führten die Forscher um Christel Vérrolet vom Institut für Pharmakologie und Strukturbiologie der Université de Toulouse in vivo in humanisierten Mäusen und ex vivo in Gelenkbiopsien von Patienten durch. Sie berichten, dass sowohl bei den Labortieren, als auch bei den Proben Osteoklasten mit HIV-1 infiziert waren. Die Infektion erfolgt offensichtlich in verschiedenen Stadien der Osteoklastogenese aus Knochenmarkstammzellen oder über infizierte T-Zellen.
An transgenen Nef-exprimierenden Mäusen mit Mangel an Knochengewebe beobachtete das Team, dass dies mit einer erhöhten Osteoklastenaktivität korrelliert. Das führen die Wissenschaftler auf eine Wechselwirkung von dem Protein Nef und dem Enzym Src zurück, was zu einer Aktivierung von Nef führt. Der Abbau des Knochens erfolgt dann schneller, als neues Gewebe nachgebildet werden kann. Fazit: Durch die Infektion mit dem Virus wird die knochenauflösende Wirkung der Zellen verstärkt. „Unsere Ergebnisse liefern daher einen Beweis dafür, dass Osteoklasten HIV-1-Wirtszielzellen darstellen und in vivo zu Knochendefiziten beitragen“, schreiben die Autoren. Für Patienten ist das Studienergebnis eine Hiobsbotschaft, denn Knochenzellen sind langlebiger als Blutzellen. Da sich das Virus im Knochengewebe gut verstecken kann, wird es somit für Arzneimittel schwer erreichbar.
AIDS zählt zu den virusinduzierten Immunerkrankungen. Die Infektion erfolgt in erster Linie durch Geschlechtsverkehr, weiterhin ist eine Übertragung über Bluttransfusionen oder Muttermilch möglich. Personen mit häufig wechselnden Sexualpartnern sind besonders gefährdet und auch Drogenabhängigen, die infizierte Kanülen verwenden. Eine Tröpfcheninfektion ist nicht möglich.
Zu den Symptomen gehören beispielsweise Lymphknotenschwellungen, Pilz- sowie weitere Virusinfektionen, zu denen Herpes-simplex-Enzephalitis, Epstein-Barr-, Zoster- und Zytomegalie-Virusinfektionen gezählt werden. Auch können Tumore Tumore wie Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome die Folge sein. Doch bis erste Symptome nach der Infektion mit dem HI-Virus auftreten, vergehen in der Regel Monate bis Jahre.
Therapeutisch hat sich die Anwendung von antiviralen Substanzen wie beispielsweise Zidovudin, Raltegravir, Atazanavir und Dolutegravir bewährt. Jede Primärtherapie beinhaltet mindestens drei verschiedene Wirkstoffe aus unterschiedlichen Klassen, um auftretenden Resistenzen vorzubeugen. In der Regel sollten alle drei wichtigen Mechanismen – Inhibition der reversen Transkriptase, Protease und Integrase – in der Behandlung enthalten sein.
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