Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen der Affenpocken den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Dabei ist die Infektion vor allem in Europa ein Problem – hier stecken sich immer mehr Menschen an. Viele Bürger:innen sind bislang nicht gut über das Virus informiert. Ausgerufene Risikogruppen erfahren Stigmatisierung, dabei ist bisher nicht abschließend geklärt, ob es sich bei Affenpocken um eine sexuell übertragbare Krankheit (STI) handelt. Klar ist: Sowohl Betroffene als auch Ärzt:innen erkennen eine Infektion oftmals nicht schnell genug.
Weltweit sind der WHO bisher mehr als 16.000 Fälle gemeldet worden. Über 15 Prozent der Fälle wurden in Deutschland registriert. Generell betrifft der Ausbruch vorrangig Europa. In anderen Teilen der Welt treten nur vereinzelt Fälle auf. Somit schätzt die WHO das Risiko weltweit betrachtet als moderat ein. Einzige Ausnahme: Europa.
Blick auf Deutschland: Mit Stand 26. Juli sind 2410 Affenpockenfälle aus allen 16 Bundesländern an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt worden. Es haben sich deutlich mehr Männer als Frauen angesteckt. Bis Ende KW 28 (2352 Fälle insgesamt) hat das RKI nur fünf Fälle bei weiblichen Personen registriert. Bei einem Fall war das Geschlecht unbekannt. Die restlichen Infektionen betreffen Männer. Der Großteil der Infizierten ist zwischen 25 und 59 Jahre alt. Die meisten Infektionen treten in der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen auf.
Bei der Übertragung von Mensch zu Mensch ist enger Körperkontakt ein großer Risikofaktor. Erreger können sowohl über die typischen Hautveränderungen – also Schorf, Bläschensekret und Pockenläsionen – übertragen werden als auch über Körperflüssigkeiten. Das RKI betont, dass eine Ansteckung auch im Rahmen sexueller Aktivität erfolgen kann. Dabei liegt die Betonung auf „kann“. Denn eine rein sexuell übertragbare Erkrankung sind die Affenpocken nicht. Auch nach Safer-Sex ist es bereits zu Ansteckungen gekommen. Kondome schützen lediglich ein kleines Hautareal. Beim Sex – dabei ist es egal, ob die Sexualpartner:innen vaginalen oder analen Verkehr haben – kommen größere Hautflächen miteinander in Berührung. Je nachdem, wie stark Hautläsionen bei einem Partner vorhanden sind, kann es somit trotz Barrieremethode zur Ansteckung kommen.
Zur Erinnerung: Ob sich Menschen bei Sex mit Krankheiten anstecken, hängt von der Art des Verkehrs und von der verwendeten Verhütungsmethode ab. Analsex birgt aufgrund der Haustruktur der Analregion generell ein höheres Risiko für eine Infektion als vaginaler Sex. Je nach Erreger bergen jedoch alle Sexualpraktiken ein potenzielles Infektionsrisiko. Während heterosexuelle Pärchen und MSM auf Kondome als Verhütungsmethode der Wahl zurückgreifen sollten, sollten auch Frauen, die mit Frauen schlafen, auf Barrieremethoden setzen. Die Verwendung von Lecktüchern kann vor Genitalherpes, Gonokokken, Chlamydien & Co. schützen.
Die Annahme, dass Affenpocken nur schwule Männer etwas angeht, ist also falsch. So hat das RKI auch Infektionen registriert, die gänzlich ohne sexuellen Kontakt entstanden sind. Auch eine Ansteckung durch das gemeinsame Leben in einem Haushalt ist im Einzelfall möglich. So waren drei von vier Lufproben im Zimmer von Infizierten kontaminiert. Deshalb ist es wichtig, dass Personen, die mit Infizierten in einer Wohnung oder einem Haus leben, gewissen Verhaltensregeln einhalten.
So können Ansteckungen bereits vor Auftreten der Hautläsionen erfolgen. In Atemwegssekreten befinden sich bereits früher ausreichend hohe Viruskonzentrationen, sodass eine Ansteckung auch durch Face-to-Face-Kontakt stattfinden kann, informiert das RKI. Eine Übertragung über Aerosole, wie es bei Covid-19 der Fall ist, sei nach aktuellem Kenntnisstand allerdings unwahrscheinlich. Solange die Infizierten Symptome haben, so lange sind sie auch ansteckend. Das heißt, dass Infizierte, die mit mehreren Personen in einem Haushalt leben, rund vier Wochen lang risikominimierende Verhaltensmaßnahmen einhalten sollten (keine Bettwäsche und Handtücher teilen, separates Geschirr benutzen, Oberflächen reinigen).
Sowohl Betroffene als auch Ärzt:innen deuten die auftretenden Symptome im Rahmen einer Affenpocken-Infektion oftmals nicht korrekt. Somit dauert es, bis die korrekte Diagnose gestellt wird. Denn: Die Hautveränderungen in der Analregion sind nicht unbedingt charakteristisch für Affenpocken. Auch andere Krankheiten, darunter Herpes und Syphilis, können eine ähnliche Symptomatik aufzeigen. Als weitere Symptome neben den Hautveränderungen nennt das RKI Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Frösteln oder Abgeschlagenheit. Natürlich können diese Symptome am Anfang von den Betroffenen fehlgedeutet werden. Schließlich sind diese Symptome auch bei Erkältungen oder Corona vorhanden.
Übrigens: Das RKI stellt Beispielbilder zur Verfügung. Nicht alle Bilder, die aktuell zur Thematik Affenpocken genutzt werden, zeigen auch tatsächlich Affenpocken. Damit auch Apotheker:innen und PTA im Fall der Fälle eine Ersteinschätzung geben können, lohnt sich der Blick auf die Bildergalerie. Meist treten die Pusteln an Händen und Füßen auf. Doch auch andere Körperteile können betroffen sein.
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