Auch wenn vieles gerade an die ersten Tage der Corona-Pandemie erinnert, so können Corona- und Affenpockenviren nicht wirklich miteinander verglichen werden. Coronaviren werden vor allem über Aerosole übertragen – die Maskenpflicht gehörte lange Zeit zum Alltag. Affenpocken übertragen sich hingegen vor allem bei engem Körperkontakt.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie global vernetzt die Welt ist. Binnen weniger Tage breitete sich das Virus aus. Ursprünglich in Wuhan aufgetaucht, meldeten immer mehr Länder bestätigte Sars-CoV-2-Fälle. Und was die Erfahrungen der letzten zwei Jahre auch mit sich bringen: Institutionen und Fachgesellschaften können sich irren. So schätzte die Charité in Berlin das pandemische Risiko von Corona im Januar 2020 als gering ein und sah keinen Anlass zur Sorge: „Auf Basis der derzeitigen Ausbreitungslage des neuartigen Coronavirus in China ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit einem großen Ausbruch der Infektion hier in Deutschland zu rechnen. […] Die Charité verfügt über eine Isolierstation, die in Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung des Ausbruchs für eingeschleppte Einzelfälle verwendet werden würde.“ Aus Einzelfällen wurden dann ganze Stationen, die umfunktioniert wurden.
Und auch das Robert Koch-Institut (RKI) stufte das Corona-Risiko bis Februar 2020 als gering ein. Seit Jahresbeginn gab es zu diesem Zeitpunkt 53 bestätigte Corona-Fälle in Deutschland.
Auch bei den Affenpocken sind aktuell nur eine Handvoll Fälle in Deutschland bestätigt. Wie viele Infektionen noch nicht erkannt wurden, ist aktuell unklar.
Bei diesen vermeintlichen Parallelen ist es verständlich, wenn Bürger:innen nun teilweise verunsichert sind und nach Informationen über die Ansteckungswege und die Verbreitung von Affenpocken suchen.
Bei den meisten aktuell bestätigten Fällen lässt sich die Ansteckung über den Austausch von Körperflüssigkeiten im Rahmen von Geschlechtsverkehr zurückführen. So informiert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in einer Mitteilung zum aktuellen Infektionsgeschehen: „Aktuell scheinen die Risikoexpositionen vorwiegend sexuelle Kontakte unter Männern zu sein. Expositionsorte der in Deutschland bislang bekannt gewordenen Fälle waren Party-Veranstaltungen, unter anderem auf Gran Canaria (Spanien) und in Berlin, bei denen es zu sexuellen Handlungen kam.“ Aufgrund der vielfältigen Kontakte der derzeit Infizierten sei auch in Deutschland mit weiteren Erkrankungen zu rechnen. Das RKI schätzt die Lage wie folgt ein: „Soweit bekannt, erkranken die meisten Betroffenen nicht schwer. Nach derzeitigem Wissen ist für eine Übertragung des Erregers ein enger Kontakt erforderlich, deshalb kann gegenwärtig davon ausgegangen werden, dass der Ausbruch begrenzt bleibt. Eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland wird nach derzeitigen Erkenntnissen als gering eingeschätzt.”
Affenpocken sind, anders als Sars-CoV-2, keine neuen Viren. In Afrika gibt es immer wieder Ausbrüche mit dem Erreger. Und trotz oftmals eingeschränkter Hygiene- und Prophylaxe-Regeln vor Ort bleibt es bei kleinen Ausbrüchen, die sich nicht über große Gebiete ausbreiten. Affenpocken sind dabei nur eine Form der Tierpocken. So existieren beispielsweise auch Kuhpocken oder Mäusepocken. Nahezu alle Pockenviren der Tiere sind noch weltweit verbreitet und im Gegensatz zu den „echten“ Pocken – Variola major – keineswegs ausgerottet. Kuhpocken verlaufen übrigens meist sehr mild, sodass Infizierte kaum gesundheitliche Einschränkungen erleiden. Wie immer gilt dies nicht für immunsupprimierte Personen.
Die bisherigen AHA-Regeln, die während der Corona-Pandemie sehr nützlich waren, helfen zum Schutz vor Affenpocken nur bedingt. Das Tragen einer FFP2-Maske stellt keine ausreichende Prophylaxemethode dar. Auch das regelmäßige Lüften wird das Risiko einer Ansteckung nicht signifikant senken. Das Abstandhalten von 1,5 m hingegen schon. Denn Affenpocken werden primär durch Blut, Gewebe oder andere Körperflüssigkeiten übertragen. Auch der direkte Kontakt mit den Hauteffloreszenzen kann zu einer Infektion führen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist laut RKI selten und nur bei engem Kontakt möglich. Neu mit aufgenommen wurde der Hinweis, dass eine Übertragung auch bereits in der Prodromalphase (Vorläuferphase der Krankheit) bei Face-to-Face-Kontakt durch ausgeschiedene Atemwegssekrete möglich sein könnte.
Krankheitsbild: Die Inkubationszeit ist länger als bei Corona und beträgt zwischen einer und drei Wochen. Zu den auftretenden Symptomen gehören neben dem charakteristischen Ausschlag (vor allem im genitalen und perigenitalen Bereich), Lymphknotenschwellungen sowie unspezifische Allgemeinsymptome (Fieber, Gliederschmerzen, Schwäche, Abgeschlagenheit).
Das BMG teilt mit, dass ein großer Wissensaustausch besteht, sodass die aktuell auftretenden Infektionen schnell ermittelt werden können und eventuell bestehende Infektionsketten zeitnah durchbrochen werden können. So teilt das BMG mit: „Mit den Landesgesundheitsbehörden und den unmittelbar betroffenen lokalen Gesundheitsbehörden steht das RKI im Austausch. Das RKI bereitet außerdem technische Dokumente und Handreichungen vor, unter anderem zur Diagnostik, Kontaktpersonenmanagement, persönliche Schutzausrüstung. Es hat eine spezielle Internet-Seite eingerichtet.“ Darüber hinaus bemühe man sich auch Risikogruppen zu erreichen. Die gezielte Kommunikation soll durch Einrichtungen wie die Deutsche Aidshilfe (DAH) und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erfolgen.
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