Die Defektliste in den Apotheken ist lang. Aktuell sorgen nicht nur die neuen Rabattverträge für leere Schübe, sondern auch eine unerwartet hohe Nachfrage nach Ritalin Adult (Methylphenidat, Novartis). Apotheker müssen mit vereinzelten Defekten rechnen.
Bei einigen Großhändlern ist das Medikament komplett ausverkauft, andere können noch liefern. Ein Direktbezug von Ritalin Adult ist generell nicht möglich. Der Hersteller Novartis war überrumpelt; warum plötzlich ein erhöhter Bedarf für Ritalin Adult bestehe, könne aktuell noch nicht erklärt werden, so ein Sprecher. Man arbeite aktuell daran, die Ursache für die erhöhte Nachfrage nachzuvollziehen und eine kontinuierliche Versorgung sicherzustellen. Vorwürfe seitens der Apotheker, dass der Konzern seine Ware kontingentiere, weist man in Nürnberg zurück.
Vermutungen gibt es viele, zum Beispiel dass Großhändler die Ware an Zwischenhändler verkaufen, die diese dann in ausländische Märkte exportieren. Novartis produziere das Arzneimittel in der gewohnten für den deutschen Markt benötigten Menge, die den Bedarf hierzulande decken könne, so der Sprecher. Erst wenn klar sei, was die Ursache für die „ungeahnt hohe Nachfrage“ sei, werde die Produktion angepasst. Solange müssten Apotheken mit vereinzelten Einschränkungen bei der Auslieferung rechnen.
Methylphenidat gehört zu den Amphetamin-ähnlichen Substanzen. Der Arzneistoff wirkt stimulierend im zentralen Nervensystem, der genaue Wirkmechanismus ist bislang nicht bekannt. Wahrscheinlich hemmt Methylphenidat, ähnlich wie Amphetamin, die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin im synaptischen Spalt und erhöht so die Konzentrationsfähigkeit. Als Nebenwirkungen treten unter Anderem Appetitmangel, Kopf- und Bauchschmerzen, Schlafstörungen und Schwindel auf. Auf Anzeichen dieser Symptome sollte daher bei der ersten Gabe geachtet werden.
Der Arzneistoff ist Standardtherapie für die Behandlung von ADHS; 88 Prozent der Verordnungen im ersten Halbjahr 2016 entfielen laut Insight Health auf diesen mittlerweile generischen Wirkstoff. Von den 52 Millionen Tagestherapiedosen (DDD) entfielen laut Arzneiverordnungsreport im Jahr 2015 rund zehn Millionen auf die Produkte für Erwachsene. Seit Medice 2011 „Medikinet adult“ auf den Markt gebracht hat, ist der Wirkstoff auch für Patienten über 18 Jahren zugelassen und erstattungsfähig. In den Jahren zuvor zahlten sie das Medikament selbst, da es off-label eingesetzt wurde. Allerdings scheint Potenzial ausgereizt zu sein: Im ersten Halbjahr 2016 waren die Verordnungszahlen um 7 Prozent rückläufig.
Seit der Zulassung von Elvanse (Shire) im Jahr 2013 steigt der Anteil von Lisdexamfetamin: Alleine 2015 legte die Zahl der DDD laut Arzneiverordnungsreport um 58 Prozent auf 6,8 Millionen zu. Damit hängte das Shire-Produkt Strattera (Atomoxetin, Lilly) ab (2,2 Millionen DDD). Schlusslicht mit weniger als 1 Prozent der Verordnungen ist Attentin (Dexamfetamin, Medice), das zur Therapie einer schwer zu behandelnden ADHS bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt wird.
Kontingentierungen sind keine Seltenheit im Apothekenalltag. Für die Akutversorgung kann dies jedoch erhebliche Folgen haben. Betroffen sind unter anderem Viani (GSK), Vesikur (Astellas), Januvia (MSD) und Jardiance (Boehringer). Als erster Großhändler hatte die Noweda für ihre Kunden eigens ein Depot für Vesikur angelegt, um zeitnah versorgen zu können.
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