Adenovirus springt von Affe auf Mensch dpa, 15.07.2011 17:06 Uhr
Erstmals sind Adenoviren nachweislich von einem Tier auf einem Menschen über übertragen worden: Mediziner der University of California dokumentierten diesen Fall im Online-Journal „PLoS Pathogens“. Demnach infizierte sich vor zwei Jahren in einem US-Primatenzentrum eine Gruppe von Affen mit den Viren, die unter anderem die Atemwege befallen und bei einigen der Tiere zum Tod führten. In dem Zentrum steckte sich ein Affenforscher mit den Viren an, erkrankte leicht und übertrug sie offenbar auf ein Mitglied seiner Familie.
HIV, Vogelgrippe oder EHEC - immer wieder überspringen Krankheitserreger aus dem Tierreich die Artengrenze und werden auch dem Menschen gefährlich. Allerdings galten Adenoviren bislang als artgebunden: Manche verursachen beim Menschen Probleme, von Schnupfen über Durchfall bis hin zu Lungenentzündung. Andere machen bestimmten Tierarten zu schaffen. Aber noch nie wurde bekannt, dass solche Viren von einer Spezies auf eine andere wechseln.
Nun berichten Infektiologen erstmals von einem solchen Fall: Demnach erlitten im Jahr 2009 in einem kalifornischen Primatenzentrum 23 von insgesamt 65 Roten Springaffen (Callicebus cupreus) Entzündungen der Atemwege oder der Leber. Nur vier Tiere überlebten die Infektion. Als Ursache identifizierten die Mediziner aus San Francisco das bislang unbekannte Adenovirus TMAdV (titi monkey adenovirus).
Ein Mitarbeiter des Primatenzentrums, der viel Kontakt zu den erkrankten Affen hatte, bekam Fieber und Husten. Zudem steckte er offenbar ein Mitglied seiner Familie an. Im Blut beider Patienten wiesen die Mediziner Antikörper gegen das Adenovirus nach. Damit nicht genug: Als die Forscher Blutspenden von US-Bürgern analysierten, fanden sie in zwei von 81 Proben ebenfalls Antikörper gegen diese Art Erreger. Das könnte darauf hindeuten, dass TMAdV bereits unter Menschen kursiert, allerdings wegen der unspektakulären Symptomatik bisher nicht weiter auffiel.
Die Herkunft des Adenovirus ist unklar. Die Forscher vermuten, dass es nicht vom Menschen stammt, sondern von Tieren. Dass die Roten Springaffen das natürliche Reservoir bilden, gilt allerdings als unwahrscheinlich: Dafür reagierten diese Affen zu empfindlich. Weil das Virus die weitaus meisten infizierten Tiere dahinraffte, würde es seine eigene Existenzgrundlage gefährden und wohl nicht lange überdauern.
Aber unabhängig vom rätselhaften Ursprung des Erregers: Generell empfehlen die Experten, Adenoviren künftig sorgfältiger zu beobachten, um auf etwaige Gefahren für den Menschen zeitig aufmerksam zu werden. „Man kann jetzt Adenoviren auf die Liste jener Krankheitserreger setzen, die dazu fähig sind, zwischen Arten zu wechsel“, betont Studienleiter Charles Chiu.