Heidelberger Chlorella vs. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Vor dem Verwaltungsgericht Köln wurde über die Einstufung von Ademetionin entschieden. Das Produkt darf kein Nahrungsergänzungsmittel sein. Gegen die Entscheidung kann Berufung eingelegt werden.
Streitthema waren SAM-Kapseln (S-Adenosylmethionin) von Heidelberger Chlorella. Das Leimener Unternehmen hat das Produkt als Nahrungsergänzungsmittel im Sortiment, genauso wie der seit Kurzem zu Nestlé gehörende Konkurrent Pure Encapsulations. Eine Kapsel enthält 200 mg Ademetionin, die aktive Form von Methionin. Außerdem ist Magnesiumcitrat zu 200 mg enthalten, das jedoch keinen Einfluss auf die Entscheidung hat.
Der Hersteller gibt eine Dosierung von einer Kapsel täglich oder nach Empfehlung eines Therapeuten an. Einen Verwendungszweck nennt die Firma jedoch nicht. Ademetionin ist in Anlage I der verschreibungspflichtigen Stoffe und Zubereitungen gelistet. Mit Gumbaral ging ein entsprechendes Rx-Präparat 2012 vom Markt. Morgens und abends sollten zwei magensaftresistente Tabletten zu 200 mg eingenommen werden. Das Arzneimittel war zur Behandlung von Schmerzen bei Reizzuständen bei leichten bis mittelschweren degenerativen Gelenkerkrankungen wie beispielsweise Arthrosen des Knie- und Hüftgelenks zugelassen.
Heidelberger Chlorella spricht SAM jedoch jede pharmakologische Wirkung ab. Denn Ademetionin sei ein in Lebensmitteln weit verbreiteter und natürlich vorkommender Stoff und werde nach oraler Aufnahme in seine Bestandteile zerlegt. Außerdem werde die Substanz erst „ab einer pharmakologischen Wirkungsgrenze von 400 mg in magensaftresistenten Darreichungsformen oder als Injektionslösung“ als Arzneimittel eingesetzt. SAM liege mit 200 mg unter der pharmakologisch wirksamen Grenze und besitze keinen magensaftresistenten Überzug. „Das Erzeugnis ist deshalb aus sachverständiger Sicht nicht als Arzneimittel, sondern als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) einzustufen.“ Auch handele es sich nicht um ein Präsentationsarzneimittel.
Laut Bescheid des BfArM handele es sich jedoch um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel. SAM sei sowohl als Präsentations- als auch als Funktionsarzneimittel nach §2 Arzneimittelgesetz (AMG) einzustufen. Der Hinweis zur Anwendung mit Verweis auf einen Therapeuten suggeriere dem Verbraucher, mehr als eine Kapsel pro Tag einzunehmen, könne sinnvoll sein „und dies indirekt über einen Therapeuten empfohlen“. Dies sei ein Indiz auf eine krankheitsheilende Zweckbestimmung.
Auch wenn keine Zweckbestimmung seitens des Herstellers angegeben werde, zeige eine Recherche im Internet den Einsatz von Ademetionin mit medizinischem Zweck, beispielsweise zur Behandlung von Depressionen, Lebererkrankungen oder Osteoarthritis.
Die Einnahme von 200 mg Ademetionin habe eine „nennenswerte pharmakologische Wirkung“ und der Wirkstoff sein kein natürlicher Lebensmittelinhaltsstoff, wie von Heidelberger Chlorella behauptet. Vielmehr werde die Substanz vom Körper selbst gebildet und Mangelerscheinungen seien nicht bekannt.
Ademetionin spiele als Methylgruppen-Donator eine Rolle bei der Synthese von Adrenalin, Acetylcholin und Serotonin. Zudem kann die Substanz den Botenstoff Histamin inaktivieren. Somit ist Ademetionin pharmakologisch und metabolisch wirksam. Das BfArM zieht entsprechende Daten aus verschiedenen Studien als Beweis hinzu. In einigen Fällen wurde laut BfArM unter der Therapie über Übelkeit, Durchfall, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Manien oder bipolare Störungen berichtet.
Außerdem bestehe die Gefahr eines Serotoninsyndroms in Kombination mit beispielsweise trizyklischen Antidepressiva, Monoaminooxidasehemmern oder SSRI. Auch die Kombination mit Schmerzmitteln wie Tramadol oder Triptanen solle vermieden werden. SAM besitze somit ein Risikoprofil, da sich von einem typischen NEM deutlich unterscheide.
Heidelberger Chlorella erhob Widerspruch. Die Einstufung als Funktionsarzneimittel und Präsentationsarzneimittel sei unzutreffend. Gemüse und Fleisch würde Ademetionin enthalten, außerdem seien NEM im Handel. „Der bloße Hinweis auf einen Therapeuten reiche hierzu ebenso wenig wie etwaige Schlüsse einiger Verbraucher aufgrund der Internetrecherche“, verteidigt sich die Klägerin. Der Widerspruchsbescheid wurde vom BfArM als unbegründet zurückgewiesen. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Köln kann Berufung eingelegt werden.
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