Herz-Kreislauf-Therapeutika

ACE-Hemmer: Erhöhtes Risiko für Lungenkrebs? APOTHEKE ADHOC, 25.10.2018 13:38 Uhr

Berlin - 

Bisher gab es Hinweise, dass ACE-Hemmer das Risiko von Lungenkrebs erhöhen können. Beobachtungsstudien zeigten widersprüchliche Ergebnisse. Kanadische Wissenschaftler berichten nun im „British Medical Journal” (BMJ), dass Inhibitoren des Angiotensin-Converting-Enzyms im Vergleich zu Angiotensin-Rezeptorantagonisten mit einem erhöhten Risiko für Tumorerkrankungen in der Lunge verbunden sind.

Für die Kohortenstudie analysierten die Forscher die Langzeitdaten von 992.061 Patienten, die am Anfang einer Therapie mit einem Antihypertensivum (einschließlich β-Adrenozeptor-Blocker, α-Adrenozeptor-Blocker, ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor-Blocker, Kalziumkanalblocker, Vasodilatatoren, zentral wirkende Antihypertensiva, Diuretika, Ganglienblocker und Renininhibitoren) standen. Zu Beginn der Untersuchung waren die Patienten mindestens 18 Jahre alt.

Um festzustellen, ob die Verwendung von ACE-Hemmern verglichen mit der Verwendung von Angiotensin-Rezeptor-Blockern mit einem erhöhten Risiko von Lungenkrebs assoziiert ist, wurde die Kohorte durchschnittlich 6,4 Jahre lang beobachtet. In dieser Zeit traten 7952 Fälle von Lungenkrebs auf. Insgesamt war die Einnahme von ACE-Hemmern im Vergleich zu Angiotensin-Rezeptorantagonisten mit einem 14 Prozent höheren Risiko für Tumore in der Lunge assoziiert (95 Prozent Konfidenzintervall). Die Inzidenzrate lag bei 1,6 vs. 1,2 pro 1000 Personenjahre. Das Risiko war besonders erhöht bei Personen, die ACE-Hemmer mehr als fünf Jahre verwendet hatten. Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass zusätzliche Studien mit einem Langzeit-Follow-up erforderlich sind, um die Auswirkungen dieser Medikamente in Bezug auf Lungenkrebs zu evaluieren.

ACE-Hemmer sind Arzneistoffe, die in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System eingreifen. Therapeutisch werden unter anderem Captopril, Enalapril, Lisinopril und Ramipril eingesetzt. Aufgrund des Wirkmechanismus kommt es zu einer Häufung der Substanzen Bradykinin und Substanz P im Körper. Die Wissenschaftler der Studie machen für das erhöhte Lungenkrebsrisiko die beiden Substanzen verantwortlich, die in der Lunge akkumulieren können. Bradykinin ein vasoaktives Oligopeptid, das ähnlich wie Histamin wirkt und auch zu Husten führen kann, der im Rahmen einer Therapie mit ACE-Hemmern auftreten kann.

Aber auch B-Vitamine stehen im Fokus der Wissenschaft. Im vergangenen Jahr berichteten US-Forscher, dass männliche Teilnehmer, die Monopräparate mit hochdosierten B6- oder B12-Vitaminen eingenommen hatten, ein um 30 bis 40 Prozent erhöhtes Lungenkrebsrisiko hatten. Die Untersuchung ergab, dass die Langzeiteinnahme von 20 mg B6 oder 55 µg B12 bei Männern das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, fast verdoppelt. Raucher hatten laut Studienergebnis ein zusätzlich erhöhtes Risiko: Bei B6 wurde ein fast dreifach, bei B12 ein vierfach erhöhtes Lungenkrebs-Risiko festgestellt.

Lungenkrebs gehört hierzulande zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen, bei Männern ist sie die zweithäufigste, bei Frauen nach Brust- und Darmkrebs die dritthäufigste Krebserkrankung. Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft zählen Tabakkonsum, E-Zigarette, Passivrauchen, berufliche Exposition mit Chemikalien, Schadstoffbelastung der Luft, Infektionen sowie vererbbare Faktoren zu den Risikofaktoren für die Entstehung von Krebs. Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel sind bislang nicht Teil dieser Liste.

Die Tumorerkrankung wird meist spät diagnostiziert, da bei den Betroffenen keine Anzeichen oder Symptome und erst im fortgeschrittenen Stadium unspezifische Beschwerden auftreten, wie beispielsweise akuter oder chronischer Husten, blutiger und unblutiger Auswurf, pfeifende Atmung, Atemnot, Abgeschlagenheit, ungewollter Gewichtsverlust, Heiserkeit, Schmerzen im Brustbereich sowie Schluckbeschwerden.