Abnehmen mit braunem Fett Alexandra Negt, 16.01.2020 13:48 Uhr
Weiß, beige oder braun – die Farbe des Fettgewebes bestimmt den Zellstoffwechsel. Weiße Fettzellen sind stoffwechselträge und dienen vorrangig der Energiespeicherung. Je mehr braune und beige Fettzellen ein Mensch hat, desto geringer ist sein Risiko, übergewichtig zu werden. Münchener Forscher wollen herausfinden, ob ein „Nachbräunen“ der Zellen möglich ist.
Es gibt unterschiedliche Arten von Fettgewebe im Körper – diese unterscheiden sich in ihrer Farbe: Weiße Adipocyten dienen als Energiespeicher. Braune und beige Adipocyten können aus der Nahrung gewonnene Energie in Wärme umwandeln. Dieser Vorgang wird als zitterfreie Thermogenese bezeichnet. Neugeborene nutzen diesen Mechanismus zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur.
Professor Dr. Martin Klingenspor und sein Team forschen an der Technischen Universität München (TUM) an der Beeinflussbarkeit des Fettstoffwechsels. In Zusammenarbeit mit einer Schweizer Forschungsgruppe der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) wurde ein Genmechansimus entdeckt, der „Energie speicherndes Fett“ in „Energie verbrennendes Fett“ umwandeln könnte.
Die Zellen regulieren den Energiehaushalt und geben Hormone ab. „Adipocyten sind nicht nur Energiespeicher für knappe Zeiten, sondern geben auch Hormone ins Blut ab, die über das Gehirn und andere Organe den Stoffwechsel und das Gefühl für Hunger und Sättigung regulieren“, so Klingenspor.
Das Auftreten und die Aktivität der dunklen Zellen unterscheiden sich individuell. Menschen mit einem hohen Anteil an beigen und braunen Fettzellen besitzen wahrscheinlich ein geringeres Risiko, an Übergewicht und bestimmten Stoffwechselleiden zu erkranken. Die Bildung von beigen Fettzellen im weißen Fettgewebe könnte eine Gewichtsreduktion veranlassen und sich somit positiv auf die Gesundheit auswirken. Die Bräunungsfähigkeit von weißem Fett scheint genetisch bedingt. „Wir wollen verstehen, wie sich thermogene Fettzellen entwickeln, also wie beige Fettzellen in weißem Fettgewebe entstehen“, so Klingenspor.
Die Entwicklung beiger Fettzellen ist weitestgehend unerforscht. Die Bildung scheint durch einen noch unbekannten genetischen Vorgang gesteuert zu sein. Welche Gene die Unterschiede in der Zelldifferenzierung erklären könnten, fand Klingenspors Gruppe bei Mausstämmen heraus. Das Team konnte erstmals einen systematischen Überblick über das Netzwerk der zellintrinsischen und regulatorischen Mechanismen geben, die der Entwicklung beiger Fettzellen zu Grunde liegen.
„Nun haben wir einzigartige Einblicke in die genetische Architektur der Entstehung beiger Fettzellen“, so Klingenspor. „Was wir hier in einer Zellkultur nachweisen konnten, soll in einem nächsten Schritt ‚in vivo‘, also in lebenden Organismen, überprüft werden.“
Warum Menschen zu dick werden haben auch Forscher des Helmholtz Zentrums in München 2018 untersucht. Mit Hilfe eines neuen 3D-Verfahrens haben sie festgestellt, dass ein gestörter Transport des Sättigungshormones Leptin in das Gehirn nicht – wie bislang angenommen – die Ursache ist. „Bislang ging man davon aus, dass die Ursache ihrer Hormonresistenz ein gestörter Transportprozess ist“, sagte Luke Harrison, Doktorand am Helmholtz Zentrum und Erstautor der Studie, die diese Annahme widerlegte.
Leptin ist ein wichtiges Sättigungshormon, das vom Fettgewebe gebildet wird. Wird ein Mensch einfach nicht mehr satt, obwohl er viel isst, kann das an Leptin-Resistenz liegen. „Die Betroffenen haben ständig Hunger, als wären ihre Fettspeicher nicht schon längst gefüllt“, so die Forscher.
Adipositas nimmt in Deutschland immer weiter zu – auch bei Kindern. Zuletzt wurde die S3-Leitlinie „Adipositas-Therapie und -Prävention im Kindes- und Jugendalter“ überarbeitet – sie soll das Bewusstsein für die Krankheit stärken, denn Adipositas ist die häufigste ernährungsabhängige Erkrankung bei Minderjährigen. Übergewicht geht mit physiologischen und psychologischen Folgeerkrankungen einher. Dies bestätigt die Notwendigkeit zur Prävention. Experten aus verschiedenen Fachgruppen, darunter die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), verankerten die Bedeutung von regelmäßiger Bewegung in der neuen Leitlinie.