Hypersomnien sind Schlafstörungen, die durch ein starkes Tagesschlafbedürfnis gekennzeichnet sind. Sie können als Symptom verschiedener Erkankungsbilder auftreten. Zur Behandlung stehen Wirkstoffe wie Methylphenidat (Ritalin, Novartis), Modafinil (Vigil, Teva) oder Natriumoxybat (Xyrem, UCB) zur Verfügung. Seit diesem Jahr neu: Sunosi (Jazz Pharmaceuticals), das Medikament enthält den Wirkstoff Solriamfetol, der zu den Psychoanaleptika gehört. Eine Therapieform abseits der Psychostimulantien stellt Wakix (Pitolisant, Bioprojet) dar. Die Behandlung richtet sich auch nach der Ursache der Erkrankung.
Die meisten Schlafstörungen zeichnen sich durch Ein- und Durchschlafsstörungen aus. Doch es gibt auch Schlafstörungen, die zu einer exzessiven Tagesschläfrigkeit führen. Als Ursache für eine solche Hypersomnie kommen verschiedene Ursachen in Frage. Auslöser können schlafbezogene obstruktive Atemstörungen oder neurologische Störungen wie Narkolepsie oder das Parkinson-Syndrom sein. Auch endokrine Störungen wie die Hypothyresose führen zu Tagesmüdigkeit. Nicht zuletzt kommt es auch unter psychischen Störungen wie Schizophrenie oder Depression zu Schlafstörungen. Je nachdem, welcher Auslöser vorliegt, kommen unterschiedliche Wirkstoffe zum Einsatz. Auch die Basismedikation sollte bei der Auswahl eines Präparates berücksichtigt werden.
Methylphenidat (Ritalin, Novartis) ist ein stimulierender Wirkstoff aus der Gruppe der indirekten Sympathomimetika und wirkt im ZNS nicht auf neuronale Rezeptoren, sondern blockiert in diesem Fall die Wiederaufnahme der Neurotransmitter und stimuliert so eine Erregung des Sympathikus. Methylphenidat bindet nicht an adrenerge Rezeptoren. Dadurch, dass der Wirkstoff an die Wiederaufnahme-Transportproteine von Noradrenalin Dopamin bindet, wird die Aufmerksamkeit und der Muskeltonus gesteigert. Die weitaus bekanntere Indikation des Wirkstoffes ist ADHS.
Der Wirkstoff wird aufgrund der aufputschenden und euphorisierenden Wirkung auch häufig missbräuchlich verwendet. Ritalin wird in Studentenkreisen zur Steigerung der Konzentrations- und Gedächtnisleistung konsumiert. Die Beschaffung läuft überwiegend über den Schwarzmarkt und weniger über die Apotheke. Wie häufig der Arzneistoff tatsächlich missbräuchlich eingenommen wird, ist unklar. Die Amphetamin-ähnliche Wirkung ist stärker, je höher die zentrale Anflutungsgeschwindigkeit ist, deshalb wird Methylphenidat oft intranasal oder intravenös angewendet.
Sunosi enthält den Wirkstoff Solriamfetol der zu der Gruppe der der Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (NDRI) gehört. Jazz Pharmaceuticals hat Sunosi in zwei Stärken auf den Markt gebracht: Einmal als Tablette zu 75 mg und einmal doppelt so hoch dosiert. Die empfohlene Dosierung beträgt 75 mg einmal täglich. Die Einnahme sollte morgens, direkt nach dem Aufstehen erfolgen. Reicht die Dosierung von 75 mg nicht aus, so kann der Patient die höhere Dosierung von 150 mg ausprobieren. Eine Erhöhung der Wirkstoffmenge sollte in enger Absprache mit dem Arzt stattfinden und frühestens nach drei Tagen erfolgen. Die empfohlene Tageshöchstdosis beträgt 150 mg. Der Wirkmechanismus ist noch nicht vollständig geklärt. Aktuell gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Wirksamkeit durch die Aktivität als Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer vermittelt wird. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen, Übelkeit und verminderter Appetit. Es wurden keine Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen durchgeführt, dennoch sollte bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, die den Blutdruck und die Herzfrequenz erhöhen, eine engmaschige Überwachung erfolgen. Medikamente, die den Dopaminspiegel ansteigen lassen, können zu pharmakodynamischen Wechselwirkungen mit Solriamfetol führen.
Seit knapp zehn Jahren darf das Sympathomimetikum Modafinil (Vigil, Teva) nur noch zur Behandlung von Erwachsenen mit exzessiver Schläfrigkeit, die mit Narkolepsie einhergeht, eingesetzt werden. Alle anderen Indikationen wurden aufgrund des schlechten Nutzen-Risiko-Verhältnisses gestrichen. Auch das Fehlbildungsrisiko unter Modafinil ist erhöht, darüber informierte die AMK mittels Rote-Hand-Brief bereits im vergangenen Jahr. Während der Therapie muss unbedingt eine wirksame Methode der Schwangerschaftsverhütung benutzt werden. Anwenderinnen müssen diesbezüglich darauf hingewiesen werden, dass Modafinil die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva beeinträchtigen kann und deshalb alternative oder zusätzliche sichere Verhütungsmethoden erforderlich sind um eine Schwangerschaft zu verhindern.
Seit 2016 gibt es mit Wakix (Pitolisant, Bioprojet) das erste Arzneimittel zur Behandlung der Narkolepsie Typ 1 und 2 in Deutschland, dass kein Psychostimulans ist. Pitolisant wurde von der FDA als eine der sichersten Substanzen zur Behandlung der Narkolepsie eingestuft. Anders als bei Methylphenidat & Co. besteht die Wirkung in der Blockade von zentralen H3-Autorezeptoren wodurch die Aktivität von histaminergen Neuronen im Gehirn stärker vermittelt wird. Pitolisant induziert keine erhöhte Ausschüttung von Dopamin im Striatum (Teil des Großhirns), einschließlich des Nucleus accumbens. Darüber hinaus modeliert Pitolisant verschiedene Neurotransmittersysteme und erhöht dadurch die Ausschüttung von Nordadrenalin, Acetylcholin und Dopamin im Gehirn.
Wakix ist in zwei verschiedenen Dosierungen erhältlich: 4,5 und 18 mg. Wakix ist zur Behandlung der Narkolepsie ab 18 Jahren zugelassen. Die Narkolepsie kann mit oder ohne Kataplexie (Episoden von Muskelversagen) verlaufen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Das Arzneimittel ist kann auch für ältere Personen geeignet sein, so unterscheidet sich die Pharmakokinetik von Pitolisant kaum zwischen 68- bis 80-Jährigen. Dennoch verweist der Hersteller darauf, dass die Daten zur Anwendung im höheren Lebensalter begrenzt sind. Die Dosierung sollte entsprechend der Leber- und Nierenfunktion des Patienten angepasst werden.
In Deutschland leiden nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) rund 40.000 Menschen unter Narkolepsie. Das entspricht einer Prävalenz von ungefähr 26 bis 50 Erkrankungen auf 100.000 Personen. Die Dunkelziffer wird weitaus höher geschätzt. Auch Hunde können an Narkolepsie erkranken, bei zwei Rassen ist das Leiden sicher diagnostiziert worden. Dobermann und Labrador dösen augenscheinlich spontan weg. Mitunter sind die plötzlichen Schlafphasen so abrupt, dass die Vorderläufe wegsacken und das Tier zu Boden geht.
Gesunde Hunde können jedoch für Menschen mit Schlafstörungen auch nützlich sein, so können gewisse Rassen zum Narkolepsie Warnhund ausgebildet werden. Narkolepsiewarnhunde warnen bis zu fünf Minuten vor einer Schlafattacke. Das ermöglicht dem Betroffenen sich zu setzen, zu legen, einen sicheren Ort aufzusuchen oder einen Angehörigen anzurufen, um Verletzungen zu vermeiden. Überkommt den Patienten starke Schläfrigkeit, während er nicht zu Hause ist, so kann der Hund lernen, seinen Menschen sicher nach Hause zu führen.
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