Keppra: Buntes gegen Überdosierung Nadine Tröbitscher, 18.10.2016 14:32 Uhr
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) empfiehlt einheitliche Dosierspritzen für Keppra und Generika, um eine Überdosierung von oral applizierten Lösungen zu vermeiden. Die richtige Dosierung des Arzneimittels sei gerade bei Kindern von großer Bedeutung. Die EMA baut auf ein Farbsystem für Packung und Dosierspritze.
Keppra gehört zu den Mitteln der Wahl für die Behandlung von Epilepsie bei Erwachsenen und Kindern. Der Wirkstoff Levetiracetam ist als Tablette, Infusionslösung und als Lösung zum Einnehmen im Handel erhältlich. Für Kinder ist die Therapie abhängig von Alter und Gewicht, bevorzugt wird für Kinder unter sechs Jahren die Lösung benutzt. Sie ist erhältlich in 100 mg/ml in Flaschen mit 150 oder 300 ml. Dabei ist je eine Dosierspritze für 1, 3 beziehungsweise 10 ml beigelegt. Apotheker sollen die verabreichende Person auf die richtige Dosierpipette und deren Benutzung hinweisen.
In der Vergangenheit kam es häufig zu Fehldosierungen der Lösung, in der Mehrheit bei Kindern zwischen sechs Monaten und elf Jahren. Nicht altersgerecht verwendete Spritzen seien der Grund für viele Überdosierungen. Beispielsweise kam es zu einer zehnfachen Überdosierung durch Verwendung der großen anstelle der kleinen Spritze. Überdosierungen verlaufen oft unbemerkt, da sie meist symptomlos sind. Schläfrigkeit, erschwerte Atmung und Koma sind selten Anzeichen für eine falsche Dosierung.
Medikationsfehler und Überdosierungen können laut EMA vermieden werden. Eltern und medizinisches Personal sind dazu angehalten, nur die in der Packung enthaltene Spritze für das Abmessen der Lösung zu benutzen. Die Packungen sollen künftig verschiedenfarbig sein, um eine Verwechselung zu vermeiden. Die blaue Flasche enthält die 1ml-Spritze und 150ml Lösung – für Patienten von ein bis sechs Monaten. Grün sind die Flasche à 150ml und die 3ml-Spritze – für Patienten von sechs bis 48 Monaten. Orange für die 300ml-Flasche und 10ml-Spritze ab vier Jahren. Die Spritze soll am Ende mit der leeren Flasche entsorgt und nicht aufgehoben werden.
Levetiracetam ist ein Ethylderivat des Antidementivums Piracetam. Entwickelt wurde der Wirkstoff vom belgischen Hersteller UCB, der ihn 1985 patentieren ließ. Seit 2011 sind Generika auf dem Markt erhältlich. Levetiractam bindet an das Vesikelprotein SV2A und verhindert die Ausschüttung des erregenden Neurotransmitters Glutamat aus dem präsynaptischen Vesikel. Der Wirkstoff wird auf zwei Tagesdosen verteilt gegeben und dient der Monotherapie von Epilepsie bei fokalen Anfällen mit und ohne sekundärer Generalisierung ab dem 16. Lebensjahr. Ab einem Monat kann es Zusatztherapie bei fokalen Anfällen gegeben werden.
Epilepsie ist eine seit dem 16. Jahrhundert nachweisbare Erkrankung. Die als Fallsucht oder Krampfleiden bezeichnete Erkrankung bezeichnet mindestens einen spontan auftretenden Krampfanfall durch eine nicht bekannte Ursache in Abgrenzung zur Folge von Entzündung, Stromschlag oder Vergiftung. Die Ursache liegt auf neurologischer Ebene und ist die Folge anfallartiger synchroner Entladungen von Neuronengruppen im Gehirn.
Unter den Antiepileptika ist Levetiracetam der nach Pregabalin (77 Millionen Tagestherapiedosen, DDD) am häufigsten verordnete Wirkstoff (66 Millionen DDD). Auf Gabapentin entfallen 44 Millionen DDD, auf Lamotrigin 34 Millionen DDD. Dahinter folgen Oxcarbazepin (13 Millionen DDD), Lacosamid (6 Millionen DDD) und Topiramat (5 Millionen DDD).