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Zyto-Skandal: Schmuggelware im Fischladen APOTHEKE ADHOC, 12.07.2018 13:35 Uhr aktualisiert am 12.07.2018 14:10 Uhr

Berlin - 

Gerade erst wurde der Bottroper Apotheker Peter Stadtmann wegen des Panschens von Krebsarzneimitteln für zwölf Jahre ins Gefängnis geschickt, schon droht ein neuer Skandal um Zytostatika: Heute Abend um 21.45 Uhr berichtet das ARD-Magazin „Kontraste“ über eine Bande, die teure Medikamente aus Griechenland nach Deutschland geschmuggelt haben soll.

Dabei wurden nach einem Vorabbericht des Magazins „die teuren Arzneien abenteuerlich gelagert und transportiert – Kühlketten waren unterbrochen“. Die Folge: Aufgrund der unsachgemäßen Lagerung sollen bei diesen Medikamenten die Qualität und Wirksamkeit nicht mehr gesichert gewesen sein. Angeblich wurde die Schmuggelware auch in einem Fischladen zwischengeparkt.

Trotzdem seien diese Präparate nicht nur in die Schweiz und nach Italien verkauft, sondern auch durch einen deutschen, auf den Import von Zytostatika spezialisierten Pharmahändler vertrieben worden. Der Name soll am Nachmittag genannt werden. Es soll sich um eine lange Liste von geschmuggelten Fertigarzneimitteln handeln – mehr als ein Dutzend. Mit dabei: Herceptin und Neulasta. Insgesamt sollen 14.000 Packungen verschoben worden sein.

Die deutschen Aufsichtsbehörden seien von den griechischen Stellen informiert worden, hätten aber erst viel zu spät das kriminelle Geschäft bemerkt und auch dann nicht gehandelt, heißt es weiter. Während der Skandal in Griechenland längst öffentlich ist, wurde hierzulande bislang keine größere Fachöffentlichkeit informiert: „Es gab weder eine Warnung noch einen Rückruf der Krebsmedikamente. Der Import von solch sensiblen Arzneimitteln stellt ein Risiko für Patienten dar“, so Kontraste.

Die Arzneimittel sollen aus staatlichen Krankenhäusern stammen. Begonnen hat die Verschiebung im Jahr 2013, dem Höhepunkt der Finanzkrise in Griechenland. Involviert gewesen sein sollen Klinikärzte, Krankenschwestern, Apotheker und Pharmahändler. Im Rahmen der Ermittlungen wurden Telefonate überwacht, in einem Gespräch soll es um Verfallsdaten gegangen sein. Dabei sollen auch 30 Chargen Opdivo bestellt worden sein.

Nach Medienberichten soll eigens für die Geschäfte eine Apotheke gegründet worden sein. Mit gefälschten Rezepten wurden demnach Medikamente abgezweigt; griechische Medien haben auch die Frage in den Raum gestellt, ob griechischen Patienten ihre Medikamente vorenthalten wurden.

Insgesamt sollen Medikamente im Wert von 25 Millionen Euro verkauft worden sein, dem griechischen Staat soll ein Schaden von 13 Millionen Euro entstanden sein. 21 Mitglieder der Bande zwischen 22 und 70 Jahren wurden in Griechenland bereits verhaftet, darunter Ärzte und Krankenschwestern. Aufgeflogen war die Sache im Mai. Experten machen das Preisgefälle, die fehlende Überwachung in den griechischen Kliniken und den Parallelhandel für den Fall verantwortlich.

Anfang Juli war in Bottrop der Prozess um einen der größten Medizinskandale der Nachkriegsgeschichte in erster Instanz zu Ende gegangen Die Richter sehen es als erwiesen an, dass Apotheker Stadtmann in der Alten Apotheke in Bottrop aus Habgier und um seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren über mehre Jahre Sterilrezepturen absichtlich zu niedrig dosiert hat. Die Medikamente seien in ihrer Qualität „nicht unerheblich“ gemindert gewesen, Stadtmann sei schuldig, in 14.000 Fällen gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) verstoßen zu haben. Außerdem sehe man 59 Betrugsfälle als erwiesen an. Die Richter verhängten auch ein lebenslanges Berufsverbot.

In der Anklage war noch von 62.000 Fällen die Rede. Außerdem legte das Gericht den Schadenswert geringer an: Statt von 56 geht das Gericht von 17 Millionen Euro Schaden aus. Dieser Betrag soll nun eingezogen werden. Für Mord, Körperverletzung oder versuchten Mord wird Stadtmann jedoch nicht verurteilt. Die Anklage hatte das gefordert.

Der Fall sei auch die Folge eines Behördenversagens, wird der Richter von Correctiv zitiert: Stadtmann hätte nicht so handeln können, wenn es eine wirksame Apothekenaufsicht gegeben hätte. Politisch hatte der Fall daher hohe Wellen geschlagen: Das Land Nordrhein-Westfalen muss sich gegen Vorwürfe wehren, bei der Gesundheitsaufsicht versagt zu haben, schließlich war der Betrug mehrere Jahre lang niemandem aufgefallen.