Zyto-Skandal: Laumann prüft Entschädigung Patrick Hollstein, 21.09.2022 17:18 Uhr
Betroffene des Bottroper Apothekerskandals haben vor dem NRW-Gesundheitsministerium für die versprochenen Entschädigungen demonstriert. Sie warfen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) Wortbruch vor, weil viele Opfer absehbar keine Entschädigung erhalten würden. Laumann zeigte sich nach einer Diskussion mit den Demonstranten nachdenklich: Man werde die Kriterien für die Entschädigungszahlungen noch einmal überdenken – er bitte um etwas Bedenkzeit: „Geben sie uns mal vier Wochen.“
Der Landtag hatte zehn Millionen Euro für die Opfer des Bottroper Apothekers bereitgestellt. Der ehemalige Inhaber der Alten Apotheke hatte in Krebsmedikamenten die teuren Wirkstoffe unterdosiert und damit enorme Profite erzielt.
Das Ministerium hatte die Zahlungen auf die rund 2000 im Urteil genannten Geschädigten begrenzt. Dies hatte die Demonstranten empört. Die Zahl der Geschädigten sei vom Essener Landgericht aus rein prozessökonomischen Gründen beschränkt worden, um zu einem Urteil zu kommen, sagte etwa Isabel Egidy. Sie tauge nicht für eine gerechte Entschädigung.
„Wir brauchen bei der Auszahlung staatlicher Leistungen aber eine Rechtsgrundlage. Wir orientieren uns an dem Urteil, weil wir nichts anderes haben“, entgegnete Laumann.
Rechtsanwalt Manuel Reiger, der mehrere Opfer vertritt, sagte, das strafrechtliche Urteil passe nicht zum Entschädigungsrecht. Eine bessere Grundlage wären alle in der Anklage aufgeführten rund 3700 Geschädigten. Diese hätten nachweislich unterdosierte Krebsmedikamente erhalten.
Die Demonstranten hatten vor dem Ministerium eine rund zehn Meter lange Liste mit Namen von rund 3500 Menschen entrollt, die Opfer des Bottroper Apothekers geworden sein sollen. Der hatte seine Villa mit einst zweistelligem Millionenwert mit einigen kostspieligen Extras ausgestattet – wie eine Wasserrutsche vom ersten Stock in den hauseigenen Swimming Pool. Der Apotheker war vom Landgericht Essen wegen Betrugs und Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz zu zwölf Jahren Haft und einem lebenslangen Berufsverbot verurteilt worden. Das Urteil war vom Bundesgerichtshof bestätigt worden. Unlängst war er gegen den Entzug seiner Approbation vor Gericht gezogen – und in erster Instanz gescheitert.