Zika: Olympia-Sportler besorgt dpa, 28.07.2016 20:53 Uhr
Selten waren Deutschlands Spitzensportler so besorgt vor einer Reise zu Olympischen Spielen. Zika heißt die Bedrohung. Ärzte raten zu Mückenschutz und Verzicht auf Sex in Rio.
Das Zika-Virus beunruhigt die deutschen Olympioniken. Zwar gibt es zu Beginn des brasilianischen Winters eine leichte Entwarnung, ganz aus den Köpfen bekommen es die Athleten nicht. Die deutsche Delegation wird mit reichlich Mückenspray, Moskitonetzen und Fliegengittern ausgestattet sein. „Ich sehe die größte Gefahr darin, dass es einen Fall gibt und dann im Team eine Panik ausbricht. Die Angst davor ist das Hauptproblem“, sagt Kugelstoß-Europameister David Storl aus Chemnitz.
Besonders sorgfältig wird Kajak-Starter Ronald Rauhe an den Saisonhöhepunkt herangehen: „Meine Frau ist wieder schwanger. Ich werde sicherlich Sicherheitsmaßnahmen vollziehen: Mückenspray oder lange Sachen anziehen. Wenn man das im Hinterkopf hat und nicht vernachlässigt, dann sollte das eigentlich auch kein Problem sein.“ Eine Absage kam für die Auswahl-Athleten aber nicht in Frage.
Deutliche Kritik an der Weltgesundheitsorganisation übte unterdessen der Virologe Alexander S. Kekulé, weil sie vor allem Sportlerinnen vor Zika warnte. „Männer sind viel stärker betroffen. Die Geschlechtsorgane sind, zumindest beim Mann, vermutlich eine Art Versteck für das Virus, wo es lange Zeit überdauern kann“, sagte der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie am Universitätsklinikum Halle der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Wenn ein junger Mann noch Kinder haben will, dann steht er nach der Rückkehr aus Brasilien vor dem Problem, dass er unter Umständen sehr lange nur geschützten Sex haben darf, um seine Partnerin nicht anzustecken.“
Es sei seit Kurzem bekannt, dass die sexuelle Zika-Virus-Übertragung einen ganz erheblichen Anteil der Infektionen ausmache. Er selbst würde nicht nach Brasilien fahren, wenn er noch planen würde, Kinder zu zeugen, betonte Kekulé. Durch ungeschützten Sex könnten Sportler und Besucher der Spiele zur Ausbreitung der Krankheit beitragen. „In Europa finden wir ständig Frauen, die sich bei Männern angesteckt haben, die aus Brasilien oder anderen Ländern mit Zika-Ausbruch zurückgekommen sind“, sagte er.
Sportler und Begleiter wollen sich aber nicht verrückt machen lassen. „Wir sind da sehr gut informiert. Wir haben immer unsere Ärzte an Bord, werden lückenlos begleitet“, berichtet Schwimm-Cheftrainer Henning Lambertz. „Für mich war nie die Frage, abzusagen. Ich will zu den Olympischen Spielen, egal wie“, sagt Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel, die Fliegengitter im Gepäck haben wird.
„Da ich nicht schwanger zu den Olympischen Spiele reise, ist es nichts, was mich jetzt krass betrifft. Natürlich macht es mir Kummer, wenn ich lese, dass, wenn einen die Mücke sticht, man grippeähnliche Symptome haben kann. Dann sind die Spiele auch vorbei. Das wäre natürlich hochdramatisch im ersten Moment. Deshalb sage ich: Mücken, bleibt mir fern“, meint Kanutin Franziska Weber, die nur langärmelig unterwegs sein wird.
Gewichtheber Jürgen Spieß macht sich keine Sorgen: „Es soll ja ein bisschen ruhiger um Zika geworden sein. Das wäre tatsächlich das Schlimmste, wenn man vor dem Wettkampf mit einem Infekt gehandicapt würde.“ Deswegen werde er sich viel in Hallen aufhalten. „Ich bin weder eine Frau noch schwanger, also ist das Risiko minimalisiert. Ich mach' mir da gar keine Gedanken drum. Ich habe die Videos im Vorfeld gesehen, da wurde alles abgesprüht. Ich glaube, da lebt keine mehr“, meint Zehnkämpfer Kai Kazmirek.
„Ich habe nicht vor, rumzuknutschen und mit wildfremden Leuten Sex zu haben“, meint Handball-Nationalmannschaftskapitän Uwe Gensheimer. „Also Finn Lemke, mein Zimmerkollege, hat, glaube ich, schon alles gekauft in Sachen Mückenschutz, Netze, alle möglichen Sprays, ich glaube, der hat eine ganze Drogerie leergekauft“, berichtet Torhüter Silvio Heinevetter.
„Ich habe mir eine Vierfachschutz-Impfung abgeholt, der Arzt meinte auch, aktuell sind da gar nicht so viele Mücken. Außerdem sind wir Männer. Uns wurde davon abgeraten, Geschlechtsverkehr im Olympischen Dorf zu haben, das, denke ich, werde ich ganz gut hinbekommen“, erzählt Zehnkämpfer Rico Freimuth.
Turner Fabian Hambüchen suchte wegen der Familienplanung ärztlichen Rat: „Wenn du den Virus mit nach Hause bringst und das Spätfolgen haben kann, wenn deine Freundin in ein paar Jahren schwanger ist.“ Das sei relativ problemlos, aber ein gewisses Risiko sei da. „So lange du keine schwangere Frau zu Hause hast, sollte das wohl kein Problem sein.“
Für Dressurreiterin Isabell Werth und Vielseitigkeitsreiterin Ingrid Klimke ist die Lage klar. „Ich mache mir wegen Zika die wenigsten Sorgen. Meine Familienplanung ist abgeschlossen. Von daher ist das bei uns kein Thema“, betonte Werth.