Junge Menschen werden als Zielgruppe von Apothekern und Herstellern eher vernachlässigt. Zu Unrecht, so das Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatungen Dr. Kahl Consulting und Youngcom: Patienten zwischen 21 und 29 Jahren informieren sich demnach zwar im Internet, entscheiden sich beim Kauf aber häufig für die Offizin-Apotheke. Jeder Dritte kauft drei- bis viermal im Jahr Medikamente vor Ort, Topseller sind Husten- und Erkältungs- sowie Schmerzmittel. Günstigere Preise, Sonderangebote und mehr Give-Aways könnten die Besuchsfrequenz weiter steigern, so die Umfrage.
Laut der Studie informieren sich junge Leute am liebsten im Internet über Gesundheitsfragen; Magazine und Apothekenzeitschriften rangierten dahinter. Immerhin 57 Prozent der jungen Erwachsenen haben schon einmal in einer Versandapotheke eingekauft – nur rund jeder Dritte von ihnen bestellt dort ein- bis zweimal im Jahr. Bevorzugt kauften junge Leute in der stationären Apotheke ein.
Als Hindernis bei Versandapotheken gaben die Nichtkäufer am häufigsten die fehlende Beratung an. „Junge Erwachsene benötigen als Gesundheitsanfänger intensive Beratung. Diese erhalten sie in der stationären Apotheke vom gut ausgebildeten Personal“, sagt Dr. Stefan Kahl, Inhaber von Kahl Consulting.
Laut der Umfrage geht knapp jeder Dritte (30 Prozent) drei- bis viermal jährlich in die Offizin-Apotheke. 22 Prozent suchen diese fünf- bis sechsmal jährlich auf und knapp 12 Prozent sieben- bis achtmal. Knapp 10 Prozent sind sogar noch häufiger dort zu finden. 24 Prozent kaufen immerhin ein- bis zweimal im Jahr in der Apotheke, nur 2,7 Prozent gar nicht. Immer oder oft gut beraten fühlen sich 89 Prozent der Befragten. 6,6 Prozent dagegen gaben an, sich nur selten gut beraten zu fühlen, 0,6 Prozent kreuzten „nie“ an.
Pro Monat geben rund 39 Prozent der jungen Erwachsenen laut der Umfrage zwischen 1 bis 10 Euro in der Apotheke aus. 36,5 Prozent schätzen ihre Ausgaben auf 11 bis 20 Euro und 10,5 Prozent auf 21 bis 30 Euro. 6,6 Prozent gaben an, zwischen 31 bis 50 Euro in der Apotheke vor Ort zu lassen und 3,3 Prozent sogar 51 bis 70 Euro. 0,6 Prozent der Befragten zahlen 100 bis 200 Euro im Monat.
Dabei stehen Husten- und Erkältungsmittel ganz oben auf der Einkaufsliste: 75,5 Prozent der Befragten kaufen entsprechende Präparate in der Offizin. 69,6 Prozent kaufen Schmerzmittel und 39,6 Prozent Präparate für den Magen und zur Verdauung. Jeweils jeder Vierte kauft laut Umfrage Wund- und Narbenbehandlungsmittel sowie Allergiemittel beim Fachmann, jeder Fünfte pflanzliche Arzneimittel und homöopathische Produkte.
16 Prozent gehen für Muskelrelaxantien in die Offizin und 15 Prozent für Präparate zur Hautgesundheit. 9,6 Prozent der Befragten suchen den Apotheker vor Ort für Schlaf- und Beruhigungsmittel auf und knapp 7 Prozent für Herz- und Kreislaufmittel; knapp 4 Prozent kaufen Fußpflegeprodukte und 1,4 Prozent Mittel zur Venenbehandlung. Nur 6 Prozent gaben an, keine OTC-Präparate in der Apotheke zu kaufen.
Was sonstige Gesundheitsprodukte angeht, sind die jungen Kunden in der Apotheke zurückhaltender: Rund 39 Prozent gaben an, dort keine weiteren Gesundheitsprodukte zu kaufen. 26 Prozent der Befragten setzen laut Umfrage bei Vitaminpräparaten und Vitalstoffen auf die Apotheke vor Ort, 20,4 Prozent bei Zahnpflegeprodukten und 15 Prozent bei Arzneitees. 14 Prozent holen ihre Kosmetik aus der Offizin und 13,5 Prozent Kondome. Lebensmittel, wie Gummibärchen, Bonbons und Kaugummi sowie Sonnenschutzmittel kauft jeweils jeder Achte in der Apotheke.
Jeweils rund jeder Zehnte nutzt die Offizin bei Präparaten zur Tiergesundheit und zur Frauengesundheit sowie bei Medizintechnik, etwa Blutdruckmessgeräten, Fieberthermometern oder UV-Lampen, und bei medizinischen Hilfsmitteln wie Bandagen, Orthesen und Stützstrümpfen. 6,5 Prozent entscheiden sich bei Haarpflegeprodukten für die Apotheke und 5 Prozent bei Diätmitteln. 3 Prozent kaufen Produkte für Diabetes und 1,4 Prozent Raucherentwöhnungsmittel in der Offizin.
Die wichtigsten Kriterien beim Einkauf von OTC-Arzneimitteln seien ein gutes Preis-Leistungsverhältnis sowie gute Verträglichkeit und schnelle Wirksamkeit, schreiben Dr. Kahl Consulting und Youngcom. Das größte Potenzial, die Kaufentscheidung zu beeinflussen, hat laut Umfrage das Apothekerpersonal – das sagten 71 Prozent der Befragten. Rund 14 Prozent lassen sich am ehesten von den Freiwahlprodukten und rund 11 Prozent von der Sichtwahl beeinflussen. 10 Prozent entschieden sich für die Werbung auf dem HV-Tisch und 7,3 Prozent für die im Schaufenster. Rund 21 Prozent fühlen sich völlig unabhängig und gaben an, sie ließen sich überhaupt nicht beeinflussen.
Wenn es darum geht, die Besuchsfrequenz zu erhöhen, geht das offenbar nur über den Geldbeutel und kleine Aufmerksamkeiten: Rund 69 Prozent der Befragten gaben generell günstigere Preise als Bedingung an. Jeweils jeder dritte Befragte würde häufiger in die Apotheke gehen, wenn es mehr Sonderangebote sowie mehr Give-Aways und Pröbchen gäbe und jeder fünfte, wenn mehr Aktionen in der Apotheke durchgeführt würden. 14,6 Prozent wünschen sich, dass bestellte Medikamente nach Hause geliefert würden und knapp 14 Prozent, dass das Apothekenpersonal fachlich besser beraten würde.
Rund jeder Zehnte gab außerdem an, sich eine anonymere und individuellere Beratung zu wünschen. 7,4 Prozent der Befragten wünschten sich ein attraktiver gestaltetes Apothekenambiente, etwa durch hellere Innenräume. 5,3 Prozent wollen mehr attraktive Shop-in-Shop-Regale und 5 Prozent ein breiteres Sortiment in der Apotheke.
Im November und Dezember 2014 wurden bundesweit 1120 Personen im Alter von 21 bis 29 Jahren online befragt. Dabei spielte auch eine Rolle, wie junge Erwachsene Pharma- und Onlinewerbung beurteilen, welche Bedeutung soziale Netzwerke zur Information über Gesundheitsthemen haben und wie wichtig das Markenimage von OTC-Präparaten ist. Auch die Preissensibilität beim Kauf von OTC-Arzneimitteln und sonstigen Gesundheitsprodukten wurde abgefragt.
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