Die Probleme bei der Erstellung digitaler Impfzertifikate durch Apotheken dauern an. Vielerorts dauert es sehr lange bis der Server reagiert. In manchen Betrieben geht gar nichts mehr. Dr. Erika Mojzes-Kluge hat die Gunst der Stunde genutzt. In ihrem Notdienst am Wochenende lief das Portal plötzlich und sie arbeitete ihre Warteliste ab. Dabei konnte sie sogar einer Urlauberin auf Malta helfen, die Heimreise antreten zu dürfen.
Mojzes-Kluge wird wie viele Kolleg:innen mit Anfragen nach digitalen Impfzertifikaten überhäuft. Vor allem nach der Ankündigung der Abda, dass der Service wieder funktioniere. „Wir haben es vergangene Woche nonstop probiert. Aber es ging gar nichts“, sagt die Inhaber der Apotheke im Village in Nürnberg. Die Anfragen hätten sich mit Start der Sommerferien in Bayern nochmals erhöht. „Viele haben abgewartet und brauchen die Zertifikate jetzt.“
Am vergangenen Sonntag probierte es die Apothekerin erneut. Sie hatte Notdienst und vor ihr lagen die Listen mit den Kund:innendaten und den dazugehören Einverständniserklärungen. „Ich habe keine andere Möglichkeit, wann soll ich es sonst machen.“ Um 2 Uhr nachts sei der Server plötzlich problemlos gelaufen. „Ich habe mehr als 200 Zertifikate ausgestellt“, freut sich Mojzes-Kluge. Dennoch: „Der Notdienst war die Hölle.“ Denn zu den Zertifikaten seien die „normalen“ Anfragen wie nach Windeln und Babynahrung gekommen. „Das regt mich auf, wenn Eltern an ihr eigenes Klopapier und Essen denken und nicht an ihr Kind.“
Am Montag ab 9 Uhr sei das Apothekenportal des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) dann wieder nicht mehr erreichbar gewesen. „Ich habe trotzdem viele Kund:innen anrufen können, die ihre Zertifikate jetzt im Laufe der Woche abholen“, sagt die Apothekerin. Eine Kundin freute sich besonders, dass Mojzes-Kluge in ihrem Notdienst Zertifikate ausstellte. „Ich habe einen Anruf aus Malta bekommen. Eine Frau saß am Flughafen fest, weil man sie nicht in den Flieger nach Deutschland ohne digitalen Nachweis lassen wollte.“
Beim Hinflug habe der gelbe Impfpass gereicht. „Das geht doch nicht.“ Die Apothekerin half sofort und ließ sich die Daten und Einverständniserklärung der Frau per Telefon geben und konnte ihr den QR-Code zuschicken. Ohne die Hilfe hätte die Kundin womöglich ihren Inseltrip ungewollt verlängern müssen. „Jeder möchte jetzt in den Urlaub fahren und viele sind nur mit dem Impfpass los, weil sie kein Zertifikat bekommen haben.“
Der momentane Arbeitsalltag sei mit der zusätzlichen Belastung des schlecht funktionierenden Portals eine Zumutung. „Wir versuchen es immer wieder. Gerade geht es an einem PC, dafür an drei anderen nicht.“ Die Apothekerin ärgert sich über die Organisation und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Er hat keine einheitliche Linie, es ist unmöglich, dass erst die Ärzte nicht mitmachen wollten und nur wir Apotheken dabei waren und jetzt machen es alle.“ Zudem sei die Honorierung angesichts des Arbeitsaufwandes zu gering. Manche Kunden wollen es abholen, andere zugeschickt bekommen, dazu die Telefonarbeit.
Auch in anderen Apotheken müssen Kundinnen ohne QR-Code weggeschickt werden, weil das Portal nicht erreichbar ist. Manche legen Wartelisten an, andere vertrösten nur noch. „Die Kunden sind ungehalten, weil sie in den Urlaub fahren“, sagt eine Apothekerin aus Nordrhein-Westfalen. Ihre Warteliste umfasst mehr als 60 Personen, die angerufen werden müssen, sobald es wieder funktioniert. „Viele haben Verständnis, wenn wir sagen, warum es Probleme gibt.“
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