Die Debatte um mögliche Impfungen in Apotheken wird in der Publikumspresse weniger aus Perspektive der Patientensicherheit wahrgenommen, als vielmehr als Verteilungskampf zwischen Apothekern und Ärzten. Dabei stoßen die Argumente der Ärzte vielerorts auf Zustimmung – die Westdeutsche Zeitung (WZ) beispielsweise sieht in Spahns Initiative die Absicht, die Apotheker nach der Versenkung des Rx-Versandverbots mit zusätzlichem Honorar zu vertrösten.
„Ohne Zweifel ist Jens Spahn der umtriebigste Minister der großen Koalition“, kommentiert WZ-Redakteur Rolf Eckers pünktlich zur Beratung über das Impfrecht für Apotheker im Gesundheitsausschuss. So habe er ein Auge auf alle Ecken des Gesundheitswesens: Pflege, Digitalisierung, Ärzte, Apotheker. Vor allem letztere verliere er dabei nicht aus den Augen.
„Denen hatte die Regierung eigentlich versprochen, etwas gegen den verhassten Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten zu unternehmen“, schreibt Eckers und schließt sich der Argumentation der Regierung zur (Nicht-)Machbarkeit eines Versandverbotes für verschreibungspflichtige Arzneimittel an: „Daraus wird aber nichts, weil das EU-Recht Ausnahmen für deutsche Pharmazeuten nun mal nicht verträgt.“
Vor diesem Hintergrund, so insinuiert Eckes, sei die Initiative für Grippeimpfungen denn auch zu verstehen: „Also möchte Spahn den Apothekern auf andere Weise neue Honorarquellen erschließen.“ Die Absicht, die Impfbereitschaft in der Bevölkerung zu erhöhen, sei dabei nur ein Vorwand.
Dabei sei es tatsächlich dringend notwendig, wie er ausführt, um dann einzuwenden: „Vernünftig ist Spahns Idee dennoch nicht.“ Denn eine Impfung sei „mehr als nur ein Piks in den Arm“. Eckes erklärt: „Wer eine fremde Substanz in einen fremden Körper spritzen möchte, braucht die Ausbildung eines Mediziners.“ Denn es gehe schließlich darum, Vorerkrankungen festzustellen, Infekte auszuschließen sowie mögliche Unverträglichkeiten und allergischen Reaktionen sachgerecht behandeln zu können.
Deshalb könne er die Argumente der Ärzte nachvollziehen. Deren Funktionären werde zwar zu recht oft vorgehalten, bei Verteilungskämpfen zu sehr auf ihren Honorartopf zu schauen. Aber: „Diesmal trifft das nicht zu. Die Kritik an Spahns Konzept ist berechtigt.“ Stattdessen solle „der agile Minister“ seine Kraft und Kreativität besser in eine Kampagne stecken, die die Grippeschutzimpfung ins Bewusstsein der Bevölkerung rückt.
Während es auch in anderen Bereichen des Gesundheitswesens durchaus unterscheildiche Meinungen zum Thema gibt, liegt Eckes voll auf Linie der ärztlichen Argumentation. Frank-Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) hatte sich dazu bereits im April mit derselben Begründung eingelassen: „Mögliche Komplikationen müssen beherrscht werden. Dies setzt eine entsprechende ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung voraus. In Tagesseminaren lassen sich diese Kenntnisse nicht vermitteln“, so Montgomery. „Aus gutem Grund ist impfen nach den geltenden Gesetzen eine urärztliche Aufgabe.“
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