Randnotiz

Zeitumstellung: Jetzt wird‘s finster

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Berlin -

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will die Zeitumstellung abschaffen. Endlich können Millionen zartbesaitete Europäer wieder ungestört durchschlafen, endlich kann die Deutsche Bahn sich zwei Umdisponierungen pro Jahr sparen. Und PTA und Apotheker? Haben ein Smalltalk-Thema weniger im HV – und dürfen künftig im Dunkeln zur Arbeit kommen.

Die Zeitumstellung erhitzt die Gemüter, die Debatte wird mindestens genauso intensiv geführt wie der Schlagabtausch um die Homöopathie. 4,6 Millionen Menschen beteiligten sich in den vergangenen Wochen an einer Umfrage der EU-Kommission, drei Millionen davon kamen aus Deutschland. Kein anderes Thema hat je so viele Bürger auf den Plan gerufen, ihre Meinung abzugeben.

Warum das Thema so ein Aufreger ist? Empfindliche Menschen klagen über körperliche Probleme, weil ihr Biorhythmus sich nicht so leicht umstellen lässt. Experten argumentieren, dass es Tage, Wochen oder sogar Monate braucht, sich an das neue Tempo zu gewöhnen. Von Abgeschlagenheit und Müdigkeit, aber auch von Kopfschmerzen, Unkonzentriertheit, Unausgeglichenheit und sogar von veränderten Hormonspiegeln und Schwankungen der Herzfrequenz ist die Rede.

Die meisten Menschen stecken die Umstellung freilich ganz gut weg – ohne sich allzu sehr mit dem Thema zu beschäftigen. Im Herbst versüßt eine zusätzliche Stunde den Wechsel, im Frühjahr macht die Aussicht auf den Sommer das verkürzte Wochenende wett.

Doch weil sich die meisten Menschen eben nicht an der Umfrage beteiligt haben, will Juncker das Votum nun zum Anlass nehmen, noch in diesem Jahr einen Gesetzesvorschlag zur Abschaffung der Zeitumstellung vorzulegen. Offenbar soll es den Ländern überlassen bleiben, ob Sommer- oder Winterzeit gelten soll. Europa droht ein Zeitchaos, wie es es zuletzt im Mittelalter gab.

Unabhängig davon, was bedeutet die Umstellung im Alltag? Bei Beibehaltung der Sommerzeit werden die meisten Menschen im Winter künftig im Dunkeln zur Arbeit gehen – und wohl auch weiterhin nach Einbruch der Dämmerung nach Hause kommen. Die Beibehaltung der Winterzeit – die ursprüngliche Zeit vor Einführung der Umstellung im Jahr 1980 – wiederum hat zur Folge, dass es im Sommer künftig zu nachtschlafener Zeit hell wird und die Vögel zu pfeifen beginnen. Dafür kommt man auch früher ins Bett, weil noch im Biergarten oder beim Sport die Dämmerung von der Dunkelheit abgelöst wird.

Vielleicht wird es vielen Menschen bald fehlen, dass sie allhalbjährlich über die Zeitumstellung reden müssen. Nicht auszuschließen ist auch, dass der Verbrauch an Schlafmitteln und Stimmungshellern ansteigen wird. Also: Besser schonmal bevorraten. Bevor die Stunde geschlagen hat.

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