TV-Tipp

ZDF: „Wiso“ erklärt Vitamin D Nadine Tröbitscher, 09.01.2018 15:04 Uhr

Berlin - 

Was bringen Pillen mit Vitamin D und muss das Sonnenvitamin überhaupt substituiert werden? Das Wirtschafts- und Verbrauchermagazin „Wiso“ des ZDF will Licht in das Dunkel um den Hype bringen.

Laut Beitrag ist das Sonnenvitamin ein Umsatzrenner in Apotheken und Drogerien. Es geht um einen Millionenmarkt, die Produkte sollen vor Grippe, Knochenbrüchen oder gar Krebs schützen – ein Mangel sei gefährlich. Allheilmittel Vitamin D? Experten der Sendung halten dagegen.

Da die Symptome eines Mangels wie Müdigkeit, Erschöpfung bis hin zu Depression, Kopfschmerzen, Muskelverspannungen sowie Haut- und Schlafproblemen unspezifisch sind, will die Reporterin wissen, wie viel Vitamin D in ihrem Blut steckt. Der Test ist keine Kassenleistung und mit 32,17 Euro „kein Schnäppchen“. Das Ergebnis liegt mit 34 ng/ml im Normbereich von 30 bis 100 ng/ml.

Dr. Ulrike Lemberg ist Fachärztin für Laboratoriumsmedizin und gibt Entwarnung – auch wenn der Wert sich im unteren Grenzbereich befindet. Im Vergleich zum Großteil der Bevölkerung weise die Reporterin zu dieser Jahreszeit einen sehr guten Wert auf. Ein Mangel bestehe erst ab einem Marker von 12 ng/ml.

Laut Robert-Koch-Institut sind im Winter 82 Prozent der Deutschen zwischen 18 und 79 Jahren unzureichend mit Vitamin D versorgt. 52 Prozent sind mangelhaft und 30 Prozent nur suboptimal versorgt – 18 Prozent der Bevölkerung ausreichend. Im Sommer verschiebt sich der Anteil, in der sonnigen Jahreszeit ist der Status bei zwei von drei Deutschen ausreichend.

Soll die Reporterin vorsorglich Vitamin D substituieren? Die Frage soll Professor Dr. Matthias Weber, Leiter der Endokrinologie der Universitätsmedizin Mainz, beantworten. Der Experte sieht keinen Grund zur Sorge, ohnehin müsse nicht jeder dem Körper im Winter automatisch Vitamin D zuführen. Das Sonnenvitamin könne auch über die Nahrung zur Verfügung gestellt werden. Enthalten in fettem Käse, Fisch, Ei, Champignons oder Avocado, können pro Tag laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) zwei bis vier Mikrogramm über Lebensmittel aufgenommen werden. Der Tagesbedarf, gewonnen aus Nahrung, Tabletten und Sonne, liegt jedoch bei 20 Mikrogramm. Eine Substitution wird nur Risikogruppen empfohlen.

Im Internet würden wahre Lobeshymnen auf Vitamin D gesungen. Vor allem hochdosiert soll es wahre Wunder bewirken. Weber warnt jedoch vor ernsthaften Nebenwirkungen infolge einer hochdosierten Zufuhr. Welche Menge über Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden solle, müsse der Arzt festlegen. Die Studien zu Vitamin D liefern laut Weber nur „enttäuschende Ergebnisse“. Bislang gebe es in großen randomisierten Studien keine klinisch relevanten positiven Effekte für nicht skelettbezogene Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Leiden oder Krebs. Auch Metaanalysen lieferten keine sehr guten Effekte. Der Hype werde vergehen, so Weber.

Vitamin D3 oder Colecalciferol ist kein essentielles Vitamin, denn es wird in der Haut gebildet, somit kann das größte menschliche Organ auch als Drüse bezeichnet werden. Nimmt man es chemisch ganz genau, ist Vitamin D3 die Vorstufe eines Hormons: Colecalciferol zählt zu den Secosteroiden und wird über Zwischenstufen zum Hormon Calcitriol, der physiologisch aktiven Form des Vitamin D.

Um den Großteil des Sonnenvitamins selbst zu bilden, benötigt der Körper UV-B-Strahlen. Wer im Sommer genügend Sonne tankt und somit Vitamin D bildet und speichert, kann davon im Winter zehren. Die Kraft der Sonne kann man auch nicht überdosieren – anders als bei der Einnahme von Präparaten. In diesem Zusammenhang bewertete „Wiso“ auch noch „Vitamin-D-Lampen“. Diese seien jedoch keine Alternativen, stattdessen sollte jeder Sonnenstrahl ausgenutzt werden.

Im Juli war Vitamin D bereits im Ersten auf dem Prüfstand. Laut Plusminus schlucken täglich etwa zwei Millionen Deutsche ein entsprechendes Präparat. Das Resultat: Für die Hersteller ist Vitamin D3 ein lukratives Modepräparat. Professor Dr. Ingrid Mühlhauser gab zu bedenken: „Tatsache ist, dass man bei verschiedenen chronischen Erkrankungen tatsächlich niedrigere Vitaminspiegel messen kann. Aber das ist nicht der Beweis dafür, dass das die Ursache für diese Erkrankungen ist.“