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Pizzaboten für Apotheker und Hoeneß Julia Pradel, 16.03.2014 07:58 Uhr

Berlin - 

Endlich Wochenende. Den Sonntag könnte man gemütlich auf dem Sofa ausklingen lassen, mit ein paar Chips vorm Fernseher. Als Apotheker sollte man aber aufpassen, wo man hinzappt: Denn allzu schnell drohen schlechte Nachrichten – oder sogar Professor Glaeske. Gleich zwei Apothekentests flimmerten in dieser Woche über die Bildschirme der Nation. Und auch der angekündigte ARD-Beitrag macht keinen Mut: Der Apotheker als Leiche beim Tatort.

Das norddeutsche Rechenzentrum NARZ/AVN hat einen neuen Logistiker für die Rezeptabholung: Statt des Alliance-Boten kommt nun der ehemalige Pizza-Bote. DocMorris testet einen Live-Chat. Und einen ADAC-Bonus. Und den Umzug auf die deutsch-niederländische Grenze. Zumindest etwas Neues gibt es bei der Versandapotheke immer.

Nichts Neues gibt es hingegen bei der Pille danach: Die Frage, ob Apotheker die Abgabe des Notfallkontrazeptivums aus Gewissensgründen verweigern dürfen, war zuletzt 1986 im Bundesgesundheitsministerium behandelt worden. Auf Anfrage gibt es jetzt immerhin ein klares und unmissverständliches „kommt drauf an“. Wem's hilft.

Helfen tun sich derweil die Apothekenprüfer: Gegenseitig schulen sie sich, um noch mehr aus den Apotheken herauszupressen – denn bislang gab es maximal Rückforderungen im „zweistelligen Tausenderbereich“. Zu wenig, die Prüfer hatten sich von den Apotheken Milliarden erwartet. Vielleicht sollten sich lieber ein neues Ziel suchen: Immerhin müssten sie bei 285 Apotheken 99.999 holen, um den Gegenwert eines Uli Hoeneß zu bekommen.

Um die 28,5 Millionen Euro, die Hoeneß hinterzogen hat, erst einmal zu erhalten, müsste ein Apotheker zum Beispiel 112.760 Notdienste leisten – und dafür die höhere Pauschale von 252,75 Euro bekommen. Für die 223,79 Euro, die in der ersten Runde ausgezahlt wurden, hätte er sich sogar 127.352 Nächte um die Ohren schlagen müssen – das sind 349 Jahre kontinuierlichen Notdienstes. Dagegen erscheinen die dreieinhalb Jahr für Hoeneß sehr überschaubar.

Kaum noch überschaubar sind hingegen die zunehmenden Lieferengpässe: Dr. Hans Rudolf Diefenbach vom Hessischen Apothekerverband hat trotzdem versucht, sich einen Überblick zu verschaffen. Durch 430 Listen hat er sich gekämpft und eine traurige „Hitparade“ der Lieferengpässe erstellt. Das Bundesgesundheitsministerium schätzt die Situation erwartungsgemäß anders ein: Die Lieferengpässe dauerten nie lang, aber mit mehreren Monaten zu lang für eine Zwangsbevorratung der Hersteller. Ob die betroffenen Patienten „mehrere Monate“ auch als „nicht von langer Dauer“ empfinden, darf wohl hinterfragt werden.

Zu hinterfragen ist auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Zuweisergeschäften: Während Ärzte grundsätzlich nie Rezepte an Apotheker weiterleiten dürfen, ist es aus Sicht der Richter vollkommen in Ordnung, wenn das im Rahmen des Entlassmanagements ein zwischengeschaltetes Unternehmen übernimmt, dessen Geschäftszweck die Zuweisung ist. Wo bleibt da der Sinn des Zuweisungsverbots?

Was diese Woche noch los war: Die Angestellten in Nordrhein bekommen mehr Geld und die saarländische Apothekerkammer will kostenloses Blistern verbieten. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe und das Rechenzentrum ARZ Haan streiten weiter um die Clearingstelle. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) besuchte Johnson & Johnson und das BfArM.

Bei Celesio ziehen immer mehr Vertreter des US-Konzerns McKesson in den Aufsichtsrat ein. Der ehemalige Celesio-Vorstand scheint im Gegenzug Alliance zu entern. Der Bundesrat hat dem Pharmapaket zugestimmt: Die Hersteller müssen nun 7 Prozent Abschlag zahlen, ihnen bleibt dafür die Nutzenbewertung für den Bestandsmarkt erspart. Die Apotheker dürfen nicht mehr bei der Aut-idem-Liste mitentscheiden und für die Berechnung ihrer Marge dient künftig der niedrigere Erstattungspreis statt des Listenpreises.

Der Komsumgüterkonzern Reckitt Benckiser (RB) baut die Gesundheitssparte als zweites Standbein aus und schickt einen eigenen Außendienst in Apotheken. Procter & Gamble verzichtet hingegen auf die Apotheken und den Mass Market als alleinige Verkaufsstellen und setzt auf einen eigenen Online-Shop, um seine Produkte auch dort zu verkaufen.