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Apotheker in der Dschungelprüfung

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Berlin -

Für eingefleischte Trash-Fans beginnen die beiden schönsten Wochen des Jahres: Im RTL-Dschungelcamp duellieren sich die Gescheiterten, Abgehängten und kompetent Körperbetonten um die Königskrone. Apotheker bleiben für das extra Dschungelfeeling einfach in der Offizin hocken und konsumieren derweil die Nachrichtenlage rund um die „Pille danach“. „Ich bin ein Rx – holt mich hier raus“ schallt es aus Brüssel. Die Resonanz: EllaOne, PiDaNa und die Pharmazeuten gehen verloren im deutschen Paragrafendschungel.

Seit Jahresbeginn scheint es nur noch ein einziges Thema zu geben, dass die Branche bewegt: der OTC-Switch für EllaOne. Und dann auch für PiDaNa. Und obwohl es nur um einige hunderttausend Packungen pro Jahr geht, treibt die Debatte sogar die Experten in den Wahnsinn. Überrascht von der Entscheidung der EU-Kommission treibt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ein Spiel mit Verordnungen und Paragrafen. Und stürzt insbesondere die Apotheker in tiefe Verwirrung.

Wenigstens laut dem für den maßgeblichen Hersteller zuständigen Regierungspräsidium (RP) Arnsberg ist klar: EllaOne darf in seiner derzeitigen Aufmachung nicht ohne Rezept abgegeben werden. Dies sei erst möglich, nachdem das Notfallkontrazeptivum mit der überarbeiteten Packungsbeilage versehen worden sei. Der Hersteller HRA will die Änderung bis Mitte Februar umsetzen.

Live darf man unterdessen Tag für Tag erleben, wie immer neue Meinungen und Expertisen zum Besten gegeben werden. Zwar trauen die Spitzenverbandspolitiker sich und ihren Kollegen zu, Frauen kompetent zu beraten. Doch die ABDA weiß noch nicht so recht, was sie davon halten soll. Vielleicht ist man auf den Dschungel nicht gut vorbereitet. Alles nicht planbar, zu unübersichtlich, schwieriges Gelände. Und dann gibt’s ja immer auch Schlangen und jede Menge Ungeziefer.

Als das Ministerium nun den Verordnungsweg beschreitet, bleibt den Fachleuten und Verbänden nur eine 24-Stunden-Schicht, um ihre längst bekannte Meinung in fachlich hochtrabende Phrasen zu verpacken. Die ABDA fasst sich kurz und konzentriert sich weniger auf fachliche oder finanzielle Aspekte, sondern auf die Zeitkomponente: Der Gesetzgeber wird gebeten, rechtzeitig mit den Apothekern zu sprechen und die EDV-Fristen im Auge zu behalten. Es wirkt, als ob im Dickicht der Verordnungen und Regelungen der Mut und gleich auch die Fährte verloren gegangen sind.

Aufpassen muss man in solchen Situationen auf wilde Tiere, die es auf desorientierte Opfer abgesehen haben könnten. Vielleicht nicht schlangenhaft böse, aber jedenfalls nicht ganz diplomatisch wispern die Ärzte. Ganz standesbewusst zweifeln die Frauenärzte an den Apothekern und monieren deren mangelhafte fachliche Kompetenz mit Blick auf die neuen Freiheiten für die „Pille danach“. Noch weiter geht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Deren Chefin Regina Feldmann will den Apotheken Vorgaben machen lassen, wie sie zu beraten haben. Man befürchtet sogar, dass das gute Versorgungsniveau der Patientinnen als Folge dieser Entscheidung hops gehe.

Da wünscht man sich als Facharzt doch eher einen Dschungelmediziner vom Format eines Dr. Bob. Klar, die Tierchen kratzen und beißen und einige sind giftig. Aber die Dschungelprüfung hat noch jeder überlebt. Doof nur, wenn irgendwas schief läuft. Was dann? Dann helfen keine Rettungsleuchten oder Notfallpakete, sondern nur noch ein optimaler Rechtsschutz und am besten noch eine Versicherung. Meinen jedenfalls Versicherungs- und Rechtsexperten. Denn wenn trotz „Pille danach“ einige Monate später ein neuer Erdenbürger als Folge unsachgemäßer Beratung des Apothekers das Licht der Welt erblickt, drohen jahrelange Unterhaltszahlungen. Dann heißt es womöglich erst recht: ab in die Büsche.

Wie man sich als verantwortungsbewusster Apotheker einigermaßen zurechtfindet, verdeutlicht beispielhaft eine Checkliste des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF). Dies wurde gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF) zur Verordnung von Notfallkontrazeptiva im ärztlichen Bereitschaftsdienst entwickelt. Das Papier könne bei der Entscheidungsfindung und im Gespräch mit der Patientin helfen, heißt es.

Eigentlich viel übersichtlicher als der tiefste Regenwald ist der deutsche Pharmagroßhandel. Eine Handvoll Unternehmen teilen sich den Markt. Doch übersichtlich heißt natürlich nicht ungefährlich. So muss sich der Branchenneuling AEP gegen die Wettbewerbszentrale zur Wehr setzen. Die findet die Skonti des Großhändlers unangemessen und verlangte via Abmahnung eine Änderung. AEP will nichts ändern, sondern nimmt lieber die gerichtliche Auseinandersetzung.

Unterdessen ändern sich die Konditionen, die Großhändler ihren Apothekenkunden gewähren. Manche Grossisten beäugen sich dabei intensiv und warten, was der jeweils andere macht. So läuft das derzeit jedenfalls zwischen Phoenix und Gehe.Nicht ganz so rund läuft es bislang bei der Umwandlung der Kooperation in die Alphega. Nach der Entscheidung im vergangenen Frühjahr ist etwas mehr als die Hälfte der Vivesco-Apotheken dem Ruf der Alliance-Kooperation gefolgt. Nun muss an allen Ecken und Enden gespart werden. Das Mitgliedermagazin wird entschlackt, das TV-Programm fliegt raus.

Unterdessen macht sich der mächtige MVDA fit für die Zukunft. Nach 16 Jahren verändert sich der Vorstand wesentlich. Und auch im Management will man besser aufgestellt sein im Angesicht einer verstärkten Internationalisierung der Branche. Umso besser, dass nun ein früherer Alliance-Geschäftsführer in den Linda-Vorstand aufrücken und sein Know-how einbringen soll.

Freude bei Boehringer: Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) bewertet die Schleimlöser Ambroxol und Bromhexin als sicher; Risiken für schwere allergische Reaktionen seien gering, so die Experten aus London. Unterdessen bietet dm neuerdings wieder ein Präparat mit 200 Milligramm N-Acetylcystein an. Weil der Schleimlöser in Arzneimitteln apothekenpflichtig ist, werden die Brausetabletten in Filialen der Drogeriekette als Lebensmittel verkauft. Der Konzern sieht sich damit rechtlich auf der sicheren Seite.

Und während Johnson & Johnson sein Sortiment sorgsam unter die Lupe nimmt und nicht nur bei sich, sondern damit auch in den Regalen der Apotheken mächtig aufräumt, hat Mauve den Berliner Konkurrenten Cyberline (Cybershop) übernommen. Dadurch vergrößert der Softwareanbieter aus Essen seinen Kundenstamm um 20 Versandapotheken. Mauve will damit seine Marktführerschaft im Apothekenbereich ausbauen.

Derweil ziehen nicht nur die F-Promis in den australischen Menschen-Zoo ein, sondern es gibt auch Neuzugänge in der Verbandspolitik. So blieb sich die Landesapothekerkammer Hessen irgendwie treu und wählte eine Frau an die Spitze des Vorstands. Ursula Funke kennt die Kammer als angestellte Pharmaziegeschäftsführerin aus früheren Zeiten, ihr Mann war mal Kammerpräsident und dann Aufsichtsratschef bei der Sanacorp. Die Frau ist auch als Apothekenleiterin kampferprobt und freut sich auf den Nahkampf in Berlin, besonders mit der ABDA.

Eine Ära ging in Sachsen zu Ende. Monika Koch wollte nicht mehr, nun ist mit Thomas Dittrich ein langjähriges Vorstandsmitglied neuer Vorsitzender.Und noch ein neues Gesicht bei der Kammer in Mecklenburg-Vorpommern: Dr. Georg Engel, Leiter der Apotheke der Universitätsmedizin in Greifswald, folgt auf Christel Johanns, die sich nicht mehr zur Wahl gestellt hatte.

Den Neuzugängen und all denen, die sich schon längst im Apotheken-Dschungel verloren glauben, bleibt nur ein kurzer Gruß zum Schluss: Keine Sorge, es hätte noch schlimmer kommen können.

Ta!

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