Versandapotheken-Test

WISO: „Das war nicht das Gelbe vom Ei“ Nadine Tröbitscher, 28.03.2017 14:45 Uhr

Berlin - 

Das Verbrauchermagazin WISO testete die Beratungsqualität der Versandapotheken. Ist sie so gut wie in der Apotheke vor Ort? Nur ein Versender konnte überzeugen. Das Ergebnis war gestern im ZDF zu sehen.

Im Test waren vier Versandapotheken – Sanicare und Medikamente-per-Klick aus Deutschland sowie DocMorris und die Shop-Apotheke aus den Niederlanden. Ein 64-jähriger, durch einen Schlaganfall gehbehinderter Mann sollte seine Dauermedikation zusammen mit OTC-Produkten bestellen. Bislang stand er dem Kauf seiner Arzneimittel im Internet eher skeptisch gegenüber. Ist die Beratung tatsächlich so gut wie in seiner Apotheke vor Ort?

Zusammen mit dem Präventionsmediziner Dr. Christoph Specht wurde die Bestellung ausgelöst – zwei Tücken waren eingebaut. Gemeinsam mit den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wurde ein OTC-Produkt mit entsprechender Kontraindikation bestellt: Die erste Wechselwirkung sollte für die Kombination Clopidogrel und Acetylsalicylsäure (ASS) erkannt werden. Wenn beide Arzneimittel zusammen eingenommen würden, bestehe wegen der blutverdünnenden Wirkung die Gefahr für Magenblutungen, so Specht. Interaktion Nummer 2 war die Kombination aus Hydrochlorothiazid (HCT) und Vitamin D. Werde beides gemeinsam eingenommen, steige der Calciumspiegel im Blut, dies berge die Gefahr für Herzrhythmusstörungen, so der Mediziner.

Nach erfolgter Bestellung musste der Mann die Rezepte zum Briefkasten bringen und zur Versandapotheke schicken. Für den Gehbehinderten ein zusätzlicher Weg, hatte er sich doch Erleichterung durch die Internetbestellung erhofft. „Das war nicht das Gelbe vom Ei, ich habe es mir anders mit dem Internet vorgestellt“, sagte er enttäuscht.

Während des Bestellvorganges wurde bei keiner der vier Apotheken eine Wechselwirkung angezeigt; die Tester hofften auf Beilagen in der gelieferten Ware oder einen Anruf. Doch sie wurden enttäuscht. Sanicare und Medikamente-per-Klick wiesen beim Wareneingang drei Tage später auf keinerlei Wechselwirkungen hin; die Versandapotheke aus Bad Laer legte immerhin die Telefonnummer der Beratungshotline bei.

Anders die Versender aus Holland: DocMorris erkannte zumindest die Wechselwirkung zwischen den Blutverdünnern. Die Shop-Apotheke wies auf beide Interaktionen hin. WISO gab den Versendern eine zweite Chance und bestellte erneut die gleichen Präparate. Zumindest hier gab es leichte Verbesserungen.

Sanicare erkannte plötzlich beide Wechselwirkungen und führte den fehlenden Hinweis in der ersten Bestellung auf eine Mitarbeiterin zurück. Medikamente-per-Klick sah erneut keine Risiken. Man habe die Wechselwirkungen kategorisiert, im Falle der Bestellung seien nur klinisch nicht relevante Interaktionen festgestellt worden, die nicht an die Patienten weitergegeben werden. Künftig wolle man dies jedoch ändern.

DocMorris erkannte wieder nur eine Wechselwirkung, denn für Vitamin D gebe es keine Hinweise, da es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel handele. In Zukunft werde man diese jedoch genauer unter die Lupe nehmen. Der Sieger in puncto Beratung war auch bei der zweiten Bestellung die Shop-Apotheke, die erneut beide Wechselwirkungen erkannte und den Patienten darauf hinwies.

Für Specht ist das Ergebnis verwunderlich: „Es zeigt ja, dass man sich als Patient nicht unbedingt drauf verlassen kann, immer die Informationen zu bekommen.“ Das Fazit des 64-jährigen Patienten: „Lieber zu Fuß in die Apotheke als zu Fuß zum Briefkasten.“ Die Tester resümieren: „Bei einigen Online-Apotheken verstecken sich Risiken und Nebenwirkungen.“

Erst vor einigen Wochen hatte der SWR im Format „Marktcheck“ Versandapotheken getestet und war zu einem überraschendem Ergebnis gekommen. Versandapotheken stellten eine echte Alternative zur Apotheke vor Ort dar. Wer keine Beratung benötige und Geld sparen wolle, der sei bei Medikamente-per-Klick richtig, so „Marktcheck“. In puncto Beratung lag die Shop-Apotheke vorn, gefolgt von DocMorris.