Die Apotheke an der Post in Wermelskirchen feiert 40-jähriges Bestehen. Inhaberin Barbara Schwinghammer-Steinbach steht seit 28 Jahren in der Offizin. Sie erzählt aus ihrem Leben zwischen Apotheken-Alltag, Last-Minute-Briefmarken und den Erzählungen aus dem Leben einsamer Menschen.
„Die alte Post gibt es schon lange nicht mehr“, sagt sie, „die Apotheke hingegen schon.“ 1979 kaufte Apotheker Ekkehard Lehnert mit seiner Frau das Haus, vorher hatte die Familie Peters dort ein Radio- und Fernsehgeschäft betrieben. Seit 1991 arbeitet Schwinghammer-Steinbach hier, im Jahr 2010 übernahm sie die Apotheke. Ihre erste Amtshandlung: Sie kaufte einen Kommissionierer. Weil der Kunde im Vordergrund stehen soll. Denn während der Kommissionierer die Packung ausliefert, sind das immerhin 30 Sekunden, die man in den Beginn eines Gesprächs investieren kann.
Viele Menschen brauchen das mittlerweile fast so dringend wie ihre Medikamente. „Die Vereinsamung der Menschen nimmt zu“, sagt Schwinghammer-Steinbach, „vor allem unter den Älteren. Sie erzählen, dass sie Angst vor der Altersarmut haben und dass sich dann niemand um sie kümmern wird. Früher waren die Kinder noch da, heute sind sie oft weltweit verstreut. Da bleibt dann nur der Weg ins Altenheim. Viele haben auch Angst, wer die Kosten dafür tragen soll.“
Bei der Wermelskirchener Apothekerin und ihren Mitarbeitern gibt es immer Trost. „Mir macht es sehr viel Freude, mit den Kunden zu sprechen, ihre Sorgen anzuhören und ihnen zu helfen. Wir sind eine Familie, das fehlt in der digitalen Welt. Im Internet gibt‘s keine persönliche Nähe.“
Über 50 Prozent ihrer Kunden sind Stammkunden. „Manche kennen wir seit 30 Jahren, wir kennen ihre Kinder, ihre Sorgen und ihre Krankheiten.“ Sie nimmt sich gerne Zeit und wenn die Offizin mal gut besucht ist, rät sie den Kunden, am Freitag oder Mittwoch nachmittag wiederzukommen. Da haben nämlich die Ärzte geschlossen und die Apotheke ist nicht so voll.
„Unser Motto ist, dass wir kompetent, freundlich und zuverlässig sind“, sagt die Apothekerin, „die Kunden sollen gern zu uns kommen.“ Die soziale Komponente gehört für sie auch zum Selbstverständnis ihres Berufes. Geduldig erklärt sie Arztbriefe – „Die Ärzte haben heutzutage ja auch nur wenig Zeit“ –, fertigt Kopien an und hält Briefmarken für ihre Kunden bereit. Was für sie selbstverständlich ist, hilft gleichzeitig, sich gegen die Konkurrenz aus dem Internet zu positionieren. „Wir können zum Beispiel im Notdienst dem Kunden sofort helfen. Wenn Sie mitten in der Nacht Zahnschmerzen haben, wird die Internet-Apotheke nicht sofort liefern.“ Nichts könne das menschliche Gespräch ersetzen: „Wenn mir jemand gegenüber steht, erkenne ich seine Gemütsverfassung und seine Sorgen und kann sofort helfen. In der Welt des Online-Shoppings gibt es vielleicht gute Preise, aber das Persönliche fehlt.“
Schwinghammer-Steinbach hat in ihrem Leben als Apothekerin einiges erlebt. So betrieb sie in Hückeswagen die Oberbergische Apotheke und in Eich die Adler-Apotheke. Auf Dauer war das zu viel, zudem machte der anhaltende Fachkräftemangel den Apotheken den Garaus. Seitdem konzentriert sie sich auf die Apotheke an der Post und ist zufrieden damit.
Wenn nur der Fachkräftemangel nicht wäre. Dazu kommt, dass der Standort Wermelskirchen offensichtlich nicht besonders anziehend ist. „Die Menschen haben früher ihre Work-Life-Balance gesucht, mittlerweile suchen sie nur noch Life“, sagt sie, „bei uns werden abends um sieben die Bürgersteige hochgeklappt.“ Wer das Leben in einer kleinen Stadt wie Wermelskirchen, das rund 38.000 Einwohner hat, nicht mag, ist hier also falsch.
Aktuell sucht Schwinghammer-Steinbach einen Apotheker, eine PTA in Vollzeit und eine in Teilzeit. Die 57-Jährige ist zuversichtlich, dass sie mit ihrem Konzept auch in Zukunft erfolgreich sein wird: „Wir wollen das 50. Jubiläum feiern“, sagt sie. Dafür will sie ihre Kernkompetenz ausbauen: „Hin zu Pflegeberatung, onkologischen und chronischen Erkrankungen.“
Die Kunden der Apotheke an der Post schätzen unter anderem, dass ihnen hier nichts Überflüssiges angedient wird. „Oft kommen Kunden und wollen etwas kaufen, das sie in der Werbung gesehen haben. Von Unsinn raten wir allerdings auch mal ab. Wir raten dann, das Geld zu sparen und empfehlen gerne etwas Sinnvolleres, das oft auch kostengünstiger ist. Und manchmal helfen auch einfach Hausmittel.“
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