Nach Meinung eines Inhabers aus Baden-Württemberg schließen Apotheken dieser Tage aus zwei Gründen: zum einen aufgrund lokaler Veränderungen, zum anderen wegen der bundespolitischen Rahmenbedingungen. Zwar hätten letztlich die lokalen Veränderungen das Aus für seinen eigenen Betrieb besiegelt; der eigentliche Sterbeprozess habe aufgrund der bundespolitischen Situation viel früher begonnen – und der Apotheke damit auch die notwendigen Resilienzreserven genommen.
Vor neun Jahren übernahm der Apotheker mehrere Apotheken; eine von ihnen wurde kürzlich geschlossen. Finanzielle Herausforderungen und Personalmangel erschwerten den Betrieb zunehmend – Unterstützung seitens der Politik habe es nicht gegeben, kritisiert er.
In den eigentlich umsatzstarken Wintermonaten des vergangenen Jahres schrieb die Apotheke Verluste, berichtet der Inhaber. Letztlich seien es lokale Probleme gewesen, die das Aus besiegelt hätten: Der Wegzug eines Arztes und eine zweijährige Baustelle mit fehlenden Parkplätzen führten zu massivem Kundenrückgang. Doch bereits vorher sei der Betrieb angeschlagen gewesen – insbesondere durch die seit über einem Jahrzehnt ausbleibende Anpassung des Apothekenhonorars.
„Die Rezeptabrechnung basiert auf einer Packungspauschale, die seit Jahren nicht erhöht wurde. Im Gegenteil: Die Politik hat sich daran bedient“, erklärt er. Eine der ersten Amtshandlungen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sei 2022 die Erhöhung des Kassenabschlags gewesen. Der Abschlag zugunsten der Krankenkassen wurde von Anfang Februar 2023 bis Ende Januar 2025 von 1,77 Euro auf 2 Euro angehoben. „Das hat natürlich besonders die kleinen Apotheken hart getroffen, die ohnehin am Limit waren“, so der Inhaber. Also genau jene Betriebe, die Lauterbach laut eigener Aussage eigentlich schützen und stärken wollte. Auch wenn die Erhöhung nun ausgelaufen ist, die Verunsicherung bleibe. „Das verhindert Investitionen in die Betriebe“, betont er.
Zusätzlich habe das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs im vergangenen Jahr den Apotheken weitere finanzielle Mittel entzogen. „Eine Apotheke funktioniert nicht mehr, wenn der Inhaber nicht auch kaufmännisch versiert ist“, sagt der Apotheker. Doch das werde durch die strikte Regulierung erschwert. „Apotheken dürfen keine Rabatte mehr verhandeln und haben keine Preishoheit über verschreibungspflichtige Medikamente.“
Das habe gravierende Folgen: Die Arzneimittelpreise steigen zwar weiter, doch da Apotheken die Preise nicht beeinflussen könnten, gingen die Preiserhöhungen an ihnen vorbei – der Umsatz steige, während der Rohertrag sinke. Besonders betroffen seien Rx-Medikamente, die in der Regel rund 80 Prozent des Apothekengeschäfts ausmachten. Seit dem Skonto-Urteil würden pharmazeutische Hersteller diesen Rabatt nun auch bei OTC-Arzneimitteln streichen.
„Das führt zu weiteren Verlusten in den Apotheken“, erklärt der Inhaber. „Der Apotheker als Kaufmann verwaltet immer größere Summen nach Umsatz und Einkauf und trägt damit auch immer mehr finanzielle Risiken – während das tatsächliche Ergebnis der Apotheke immer weiter sinkt.“ Gleichzeitig steige das Risiko, durch Retaxationen finanzielle Verluste zu erleiden. „Das kann auf Dauer nicht gutgehen.“
Statt mit den Apotheken Lösungen zu erarbeiten, habe sich der Gesundheitsminister in den vergangenen dreieinhalb Jahren zurückgezogen. „Karl Lauterbach hat in dieser Zeit nicht ein einziges Mal persönlich den Deutschen Apothekertag besucht. Ein Minister, der Milliardenbudgets verwaltet, muss mit den Leistungserbringern sprechen“, kritisiert der Inhaber scharf. „Er hört sich gerne reden, aber er hört nicht zu.“
Die Idee der Light-Apotheken hält er für Unsinn, denn der gleichzeitige Rückgang von PTA-Schulen und Schülerzahlen zeige, dass die Politik auf ein aussterbendes Modell setze, anstatt zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln. Auch die Zahl der Pharmaziestudierenden, die sich für die Arbeit in einer öffentlichen Apotheke interessieren, sinke. Zum Teil gehe auch die Gesamtzahl der Studierenden zurück.
Die Probleme im Apothekenwesen dürften jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Beispielsweise führe der Wegzug oder die Aufgabe von Arztpraxen zu erheblichen Umsatzeinbußen in den Apotheken der Umgebung. Besonders problematisch sei dies, weil hohe Mietkosten und Wohnungsnot ältere Menschen zunehmend aufs Land verdrängten – genau dorthin, wo es immer weniger Apotheken gebe.
„Es braucht eine sachliche Ursachenanalyse und gezielte Maßnahmen statt bloßer Symptombekämpfung – und zwar im Dialog mit den Berufsorganisationen. Die Politik muss sich mit den Leistungserbringern an einen Tisch setzen“, fordert er.
Trotz der Schließung will der Inhaber die Region weiter versorgen. Dazu plant er eine Rezeptsammelstelle für Papier- und ein Terminal für E-Rezepte. Die entsprechende Versandhandelserlaubnis hat der Apotheker bereits. „Die Apotheke muss zu den Menschen kommen, nicht umgekehrt – besonders für ältere, weniger mobile Patienten.“
Sowohl bei Papier- als auch bei E-Rezepten müsse der Kunde einen Ansprechpartner samt Telefonnummer angeben. Die Beratung erfolge dann telefonisch. Anschließend könnten Patienten ihre Medikamente entweder in der Hauptapotheke abholen oder per Botendienst liefern lassen. Die Rezeptsammelstelle werde täglich geleert.