Die Folgen des Hochwassers im Westen Deutschlands sind katastrophal. Mindestens 90 Menschen sind gestorben. Viele stehen vor den Trümmern ihrer Häuser und Geschäfte. Auch Apotheker Jürgen Lutsch ist betroffen. Seine Linda Apotheke in Kall wurde komplett überschwemmt. Er hofft, dass die Behörden schnell unbürokratische Lösungen finden, um die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zu sichern.
Kall ist eine Gemeinde im schwer getroffenen Landkreis Euskirchen in Nordrhein-Westfalen in der Nordeifel. Die Wassermassen kamen aufgrund des starken Regens in der Nacht auf Donnerstag. Direkt hinter der Apotheke von Lutsch fließt die Urft. „Das ist eigentlich ein kleiner Bach“, sagt der Apotheker. Das Gewässer mit einer normalen Pegelhöhe von 40 Zentimetern sei auf mindestens 2,9 Meter herangeschwollen.
„Es hat nicht aufgehört zu regnen“, sagt Lutsch. Die Apotheke war in der Nacht mit Notdienst an der Reihe. Er selbst sei nicht vor Ort gewesen, sondern im Urlaub im Schwarzwald. Das Wasser kam schnell. „Die Apotheke stand zwei Meter unter Wasser.“ Seine Angestellte habe sich in die über der Apotheke befindliche Wohnung retten können, als die Flut kam. Er selbst fuhr noch in der Nacht nach Kall.
Die Apotheke sei nur noch mit dem Boot erreichbar gewesen. Die Kommunikation war wie in vielen Regionen eingeschränkt und teilweise gar nicht mehr möglich. Die Feuerwehr war zeitweise nicht mehr erreichbar. Einsatzfahrzeuge waren unterwegs, um die Bevölkerung über Lautsprecher zu warnen. Hilfeschreie seien zu hören gewesen. Viele Häuser und Brücken sind einsturzgefährdet. Laut Landrat Markus Ramers sind mehr als 1000 Einsatzkräfte vor Ort. Mindestens 15 Menschen sind gestorben.
Noch immer herrsche vor Ort Ausnahmezustand. „Wir haben einen absoluten Totalschaden.“ In der Apotheke sei nichts mehr an Ort und Stelle. „Die Kühlschränke standen auf dem Kopf“, sagt er. „Unser Botendienstfahrzeug steht anderthalb Kilometer entfernt und ist völlig zerstört. Das neue Gartenhaus von unserem Nachbarn ist bei uns im Garten.“ Im Ort sehe es aus wie im Krieg, beschreibt Lutsch die Situation. Es handele sich nicht um ein „normales“ Hochwasser: „Die Flut war wie ein Tsunami.“ Brückenpfeiler seien weggeschwemmt worden.
Die medizinische Versorgung sei komplett zusammengebrochen. Auch die Arztpraxen seien nicht erreichbar. „Wir wissen nicht, wer welche Medikamente noch abholen wollte. Wir haben kein Telefon“, so Lutsch. Gestern seien Kunden vor der Apotheke gestanden. „Sie haben in die Apotheke geschaut und schnell festgestellt, dass sie dort nichts mehr bekommen können.“ Der Apotheker geht davon aus, mindestens zwei bis drei Monate nicht arbeiten zu können. „Die Bausubstanz muss erst einmal geprüft werden. Es ist eine schwierige Zeit. Wir müssen sehen, wie es weiter geht.“
Lutsch appelliert an die Behörden, schnell unbürokratische Lösungen zu finden, um die Arzneimittelversorgung schnell wieder aufbauen zu können. „Wir brauchen jetzt Notlösungen, vielleicht bekommen wir einen Sondererlass, das ging ja auch wegen Corona.“ Linda-Präsidiumsmitglied Dirk Vongehr kündigte an, dass die Kooperation ebenfalls helfen werde. „Wir werden alles Mögliche tun, um niemanden alleine zu lassen.“
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