Die Aufnahme von Mikroplastik in den menschlichen Organismus und die Folgen werden mittlerweile breit diskutiert. Ein Team der Universität Bayreuth hat sich dem Thema nun angenommen: Demnach gibt es hinsichtlich der Risiken für den Menschen weniger gesicherte Erkenntnisse, als es das breite Spektrum der Veröffentlichungen nahelegen könnte. Einige Fakten sind jedoch nicht von der Hand zu weisen.
Die Universität Bayreuth ist Teil der internationalen Arbeitsgruppe des EU-Projektes „Plastics Fate and Effects in the human body“ (PlasticsFatE). Sie forscht intensiv am Verbleib und den Wirkungen von Mikro- und Nanoplastik im menschlichen Organismus. Kürzlich stellte das Team im Fachjournal „NanoImpact“ neue Erkenntnisse vor.
Die Rede ist von Plastik-Partikeln, die wenige Millimeter bis hin zu einem Zehntausendstel Millimeter groß sein können. „Wir wollten zunächst einmal feststellen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit beurteilt wird, dass Menschen in ihrer täglichen Umgebung direkten Kontakt mit Mikro- und Nanoplastik haben“, erklärt Erstautorin Anja Ramsperger. „Darauf aufbauend, sind wir der Frage nachgegangen, auf welchen Wegen und in welchen Mengen die Partikel in den menschlichen Organismus gelangen und welche natürlichen Abwehrmechanismen sie dabei möglicherweise überwinden könnten. Schließlich haben wir den aktuellen Stand der Forschung dargelegt, wie sich die Partikel im Organismus ausbreiten und somit ein potenzielles Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen können.“
Die Auswertungen der einschlägigen Veröffentlichungen zeigten, dass nicht selten unzureichende Informationen zugrunde lagen – beispielsweise hinsichtlich der Gewinnung und Aufreinigung von Proben oder auch auf einen mangelnden Schutz vor Kontaminationen, welche die Untersuchungsergebnisse verfälschen können.
„Was den Verbleib von Mikro- und Nanoplastik im menschlichen Organismus und die daraus resultierenden potenziellen Gefahren betrifft, zeigt unsere Studie ein differenziertes Bild: Welche Schlussfolgerungen aus veröffentlichten Ergebnissen zur Kontamination von menschlichem Gewebe hergeleitet werden können, ist bei näherer Betrachtung der Untersuchungsbedingungen oft weniger klar, als es auf den ersten Blick scheint. Daher stimme ich der Weltgesundheitsorganisation WHO zu, wenn sie in einem 2022 herausgegebenen Bericht feststellt, dass die derzeit verfügbaren Daten noch unzureichend sind, wenn es darum geht, die Risiken von Mikro- und Nanoplastik für die menschliche Gesundheit einzuschätzen“, meint Professor Dr. Christian Laforsch, der die Studie koordiniert hat.
So läge der Fokus häufig nur auf Größe und Form der Partikel, nicht aber auf den chemischen Eigenschaften. Dabei würden diese maßgeblich Einfluss auf die Auswirkungen nehmen, so das Team. Viele Untersuchungen würden mit industriell gefertigten Partikeln, hauptsächlich Polystyrol-Kugeln, arbeiten. „Doch die in der Umwelt verbreiteten Partikel weisen eine unübersehbare Vielfalt an Eigenschaften auf.“ Einig sind sich Forscher:innen darüber, dass je kleiner die Partikel sind, umso häufiger Wechselwirkungen mit menschlichem Gewebe entstehen.
Allerdings verweist das Forscherteam auf eine Ungereimtheit: In einigen menschlichen Gewebeproben wurden Partikelgrößen entdeckt, die die biologischen Barrieren des Körpers nach derzeitigem Kenntnisstand nicht überwinden können. „Eine plausible Erklärung wären nachträgliche Verunreinigungen der Proben. Tatsächlich enthält die ausgewertete Forschungsliteratur zahlreiche Indizien dafür, dass Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle von Proben unzureichend beschrieben oder durchgeführt wurden“, so die Forscher:innen aus Bayreuth.
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