Blutdruckmessgeräte

Wepa: Ungenügend für Warentest

, Uhr
Berlin -

Dejà-vue für Wepa: Im Oktober hatte Stiftung Warentest 14 Blutdruckmessegräte untersucht. Keins der Geräte konnte die Experten in puncto Messgenauigkeit überzeugen und so wurde für dieses zentrale Prüfkriterium als Bestnote nur ein „Befriedigend“ vergeben. Unter den Geräten im Test waren auch Aponorm Mobil Slim und Aponorm Professional Touch. Wepa kontert der bekanntesten gemeinnützigen Verbraucherorganisation in Deutschland – wie schon 2016.

Wepa hat für Aponorm Professional Touch und Mobil Slim die Messgenauigkeit in internationalen klinischen Tests bestätigen lassen. Das Oberarmmessgerät hält eine Validierung der British Hypertension Society (BHS) mit Bestnoten in Systole und Diastole. Das Handgelenkmessgerät wurde nach ANSI/AAMI/ISO-Protokoll der Association for the Advancement of Medical Instruments (AAMI) positiv bewertet. Die Bewertung der Fachgesellschaften sei weitaus umfangreicher als die Bewertung durch Warentest, gibt Wepa zu bedenken.

Die Modelle des Wepa-Lieferanten Microlife tragen das Prüfsiegel für Messgenauigkeit der Deutschen Hochdruckliga (DHL), „der in Deutschland wichtigsten unabhängigen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaft für Hypertonie und Prävention“, schreibt Wepa und übt Kritik an der Methodik: „Die durch die Stiftung Warentest veröffentlichten Testergebnisse sind für uns daher in keinster Weise nachvollziehbar. Wir kritisieren, dass die Prüfmethodik nur ‚sehr lose‘ an die Standards der Fachinstitutionen angelehnt ist und in einigen Punkten fernab der gesetzlichen und praxisrelevanten Vorgaben für Blutdruckmessegräte getestet wurde.“ In Hillscheid sieht man gleich mehrere Kritikpunkte.

Bemängelt wird die „statistisch fragwürdige Zusammenstellung der Testgruppe“. Mit 32 Probanden verfüge die Untersuchung von Warentest nur über eine statistisch sehr kleine Personengruppe, so Wepa. Die Protokolle der Fachinstitutionen sehen mindestens 85 Personen (AAMI) oder mindestens 96 beziehungsweise 116 Personen (DHL) vor. Unklar sei auch, ob Messwerte von Testpersonen mit Vorerkrankungen wie beispielsweise Diabetes in die Bewertung eingeflossen sind, denn Warentest schloss nur Schwangere und Personen mit Herzarryhthmien/Tremor aus. „Krankheitsbedingte arteriosklerotische Veränderungen können insbesondere bei Messung am Handgelenk zu anatomisch bedingten Messabweichungen und Fehlermeldungen führen, die nicht dem Gerät geschuldet sind. Internationale Fachgremien sehen deshalb für diese Personen gesonderte Tests zur Bewertung der Messgenauigkeit vor“, mahnt Wepa.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Verwendung eines nicht normgerechten Referenzgerätes. Bislang liegen in Hillscheid keine Informationen vor, welches Referenzgerät für die Doppelstethoskop-Messung nach „Goldstandard“ verwendet wurde. Das Unternehmen bezieht sich auf den Test aus dem Jahr 2016. Hier wurde „Erkameter 3000“ mit einer Fehlertoleranz von ± 2 mmHG herangezogen. Die entsprechende DIN-Norm schreibt als statische Referenz allerdings ein Messgerät mit einer Fehlertoleranz von maximal ± 0,4 mmHg vor.

Sauer stoßen auch die „nicht-validierten, unüblichen Simulatoren“ auf. Diese sind weder von BHS, AAMI noch von der DHL zugelassen. „Beim Test wurden Wiederholgenauigkeit beziehungsweise Messgenauigkeit bei fehlerhafter Anwendung an einem Simulator mit einem starren Gegenstand (statt menschlichem Arm) getestet. Simulatoren sind jedoch nicht für eine dynamische Genauigkeitsprüfung validiert. Hier wurde also ein nicht-validiertes Verfahren angewendet, um ein Blutdruckmessgerät zu ‚validieren‘.“

Punkt 4 der Kritik sind „nicht praxisrelevante Tests zu Störanfälligkeiten“. Warentest bezog den Falltest in die Bewertung ein. Dazu wurden die Geräte insgesamt zwölfmal aus Tischhöhe fallen gelassen. Für Wepa eine fragwürdige Bewertung, denn Falltests würden nur für Geräte vorgesehen, die während der Verwendung in der Hand gehalten werden – folglich für Handgelenkmodelle. „Ein gleichartiger Falltest für Oberarm-Blutdruckmessgeräte ist laut EU-Norm nicht vorgesehen.“ Wäre das mehrfache Fallen von Oberarmgeräten aus größerer Höhe ein reales kritisches Problem im Markt, würden die Regulierer entsprechende Sicherheitsforderungen stellen, so das Unternehmen.

All dies könnte laut Wepa übergreifend auch eine Erklärung dafür sein, weshalb gleich 13 von 14 getesteten Blutdruckmessgeräten – darunter auch Modelle anderer renommierter Hersteller und sechs Geräte mit DHL-Prüfsiegel für Messgenauigkeit – bei Warentest nur die Note „ausreichend“ bis „befriedigend“ erreichen konnten. „Eine solche Bewertung des gesamten Blutdruckmessgeräte-Markts zweifeln wir stark an.“

Auch die DHL reagiert auf das Urteil von Warentest, begrüßt jedoch die Veröffentlichung. „Dadurch wird die Blutdruckmessung in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt.“ Vergleichbar seien die Tests nicht, denn die DHL teste einzig und allein die Messgenauigkeit. „Für uns Mediziner ist die Messgenauigkeit das wichtigste Kriterium“, so Professor Dr. Bernhard Krämer, Vorstandsvorsitzender der DHL/Deutschen Gesellschaft für Hypertonie und Prävention.

Kritisiert wird auch, dass die „weichen Kriterien“ wie Handhabung und Störanfälligkeit vom „harten Kriterium“ der Messgenauigkeit ablenken. „Ein Gerät, das nicht ganz so genau misst, aber evtuell einen Sturz vom Tisch gut übersteht und vom Tester als sehr bedienerfreundlich eingestuft wird, könnte im Gesamtergebnis noch relativ zufriedenstellend abschneiden. Umgekehrt ist es möglich, dass messgenaue Geräte wegen einer schlechteren Beurteilung der Handhabung und Störanfälligkeit ebenfalls nur im Mittelfeld landen.“

„Das ist am Ende auch der Grund, warum beide Tests nicht miteinander vergleichbar sind. Stellt man beide Tests gegenüber, so ist es, als vergleiche man Äpfel mit Birnen.“ Selbst wenn man „Äpfel mit Äpfeln“ vergleiche und nur den Parameter Messgenauigkeit der Tests betrachte, seien Unterschiede zu erkennen: Die DHL bezieht sich hierbei auf die Anzahl der Testpersonen, denn je größer die Anzahl der Probanden, desto aussagekräftiger das Ergebnis. Außerdem wird aus Sicht der DHL ein Patientensimulator abgelehnt. „Es macht keinen Sinn, die Beschaffenheit der menschlichen Gefäße sowie das Pump- und Druckverhalten des Herzens künstlich nachzubilden. Die Messgenauigkeit von Blutdruckmessgeräten sollte unter realen Bedingungen an einer ausreichend großen Probandenzahl validiert werden.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte