Möglichkeiten für Quereinsteiger prüfen

„Wenn ich nicht übernommen hätte, wäre sie geschlossen worden“

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Berlin -

Nach 13 Jahren hat Apothekerin Elisabeth Dorer die Apotheke Roßdorf in Nürtingen an ihren Nachfolger übergeben. Der 31-jährige Tobias Ludwig ist eher zufällig in die Selbstständigkeit gerutscht. Angesichts des Fachkräftemangels hält er es für wichtig, auch Quereinsteigern Chancen in der Branche zu geben – und PTA nach Weiterbildungen mehr Kompetenzen einzuräumen.

„Hätte ich die Apotheke nicht übernommen, wäre sie geschlossen worden“, sagt Ludwig. Und das hätte Folgen für die Arzneimittelversorgung in der Region gehabt. Zwar habe er nie vorgehabt, sich selbstständig zu machen, aber es sei ihm auch nicht unangenehm gewesen, die Leitung zu übernehmen. Einen neuen Job hätte er sicher gefunden. „Als Apotheker hast du zu 99 Prozent sicher einen Job, wenn du einen willst“, erklärt er. Denn Apotheker würden überall gesucht.

Eine Expansion kann sich der 31-Jährige derzeit aber nicht vorstellen. Im Moment ist er mit seiner Apotheke ausgelastet. Vor allem fehlt ihm Personal: Er ist der einzige Apotheker in seiner Apotheke und auf der Suche nach Mitarbeitern.

Quereinstieg fördern

Die Idee, dass PTA mehr Verantwortung in der Apotheke übernehmen, findet Ludwig grundsätzlich gut, allerdings nur mit einer Zusatzausbildung. „Sie sollten dann ähnliche Rechte wie Pharmazieingenieure erhalten und zum Beispiel vier Wochen im Jahr Apotheker vertreten dürfen“, meint Ludwig.

Auch die Anerkennung und Anrechnung von Vorkenntnissen aus der Berufserfahrung oder Studienfächern müsse neu geregelt werden. „Wer bereits Vorkenntnisse hat, sollte nicht bei Null anfangen müssen“, so Ludwig. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels, nicht nur bei Apothekern, sondern auch bei PTA, sollten auch die Möglichkeiten für Quereinsteiger geprüft werden. Damit müssten sich die Kammern beschäftigen, so Ludwig. Das sei auch kostengünstiger, denn um die Zahl der Studienplätze zu erhöhen, müssten auch Laborkapazitäten geschaffen werden. Und Labore einzurichten sei teuer.

Retax-Stress und Skonto-Urteil

„Früher waren Apotheken als Goldgruben bekannt, heute stimmt das so nicht mehr“, sagt Ludwig. Ein großes Problem sei das Skonto-Urteil, das einen erheblichen Teil des Gewinns weggenommen habe. Auch das Dauerthema Retaxationen müsse dringend angegangen werden. Es könne nicht sein, dass eine Apotheke wegen eines Formfehlers auf den Kosten sitzen bleibe, den sie unter Umständen gar nicht verschuldet habe. Außerdem sei die Bürokratie zu aufwendig. „Man verbringt zu viel Zeit mit Formalitäten, die man eigentlich für die Versorgung nutzen möchte“, so Ludwig.

Die Digitalisierung bringe zusätzliche Probleme: Es sei eine völlig andere Arbeitsweise, alles digital zu machen, und gerade für ältere Apotheker, die nicht mit Smartphones aufgewachsen seien, sei das ungewohnt. Protestaktionen seien nötig, meint der Apotheker. Sonst könnte es in Zukunft in Richtung Kettenapotheken gehen.

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