Seit 43 Jahren leitet Apothekerin Gudrun Kindermann-Koll die Hirsch-Apotheke im niedersächsischen Wustrow. Die inzwischen 78-jährige Inhaberin will nun in den Ruhestand gehen – doch einen Nachfolger für die Landapotheke hat sie noch nicht gefunden.
Vor etwa drei Jahren begann Kindermann-Koll mit der Nachfolgersuche. Interessenten für die Offizin, die vor etwa 200 Jahren gegründet wurde, gab es auch. „Doch sie sind alle abgesprungen: Der Umsatz erschien den Interessenten nicht ausreichend, obwohl meine Familie und ich gut davon gelebt haben“, so die Apothekerin. Sie habe einen Jahresumsatz von etwas mehr als einer Million Euro.
Zudem beschäftigt sie eine PTA, einen PKA und eine Putzfrau. Allerdings kann sich Kindermann-Koll keinen zweiten Approbierten leisten. Darüber hinaus ist die Hirsch-Apotheke nicht barrierefrei – vor der Tür gibt es zwei Stufen. Unter Kindermann-Koll hatte die Offizin Bestandsschutz.
Die Hirsch-Apotheke versorge fast ausschließlich Stammkunden, sagt die Inhaberin. Der Ort hat knapp 3000 Einwohner. Er liegt zwischen Lüchow und Salzwedel; beide Städte sind etwa zehn Kilometer entfernt. „Wer in der Stadt zum Arzt geht, löst sein Rezept natürlich manchmal gleich dort ein.“
In Wustrow gibt es zwei Allgemeinärzte. Einer habe erst vor kurzem einen Nachfolger gefunden: „Der Arzt hat familiäre Beziehungen ins Wendland und ist daher zurückgekommen.“ Die ländliche Gegend sei für viele ein Urlaubsziel. In Wustrow gibt es einen Reiterhof und Tennisanlagen. Außerdem hat der Ort einen Supermarkt, eine Grundschule und eine Post. „Für eine junge Familie ist die Region optimal.“ Eine Wohnung im Haus neben der Apotheke könne sie ihrem Nachfolger ebenfalls vermieten.
Kindermann-Koll ist vor 43 Jahren aus Westfalen ins Wendland gezogen. Als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern habe man ihr von der Selbstständigkeit als Apothekeninhaberin abgeraten: „‘Damit wären Sie überfordert‘, hieß es“, erzählt sie. Peter Waldmann, ihr Vorgänger, hat ihr die Hirsch-Apotheke übergeben, die zuvor in Familienbesitz gewesen war. „Es ging alles ganz schnell: Im August 1973 hatte ich mir die Apotheke angesehen, Mitte Oktober habe ich sie geführt“, erinnert sich Kindermann-Koll. „Wer weiß, vielleicht geht es ja nun wieder so schnell.“
Sollte sich kein Nachfolger finden lassen, plant die Inhaberin, die Apotheke zum 31. März zu schließen. „Bis dahin werde ich suchen“, betont sie. Ihre Stammkunden seien der Grund, warum sie noch nicht in den Ruhestand gegangen sei. „Ich möchte die Stadt nicht ohne Apotheke lassen.“ Nach der Übergabe – oder der Schließung – der Hirsch-Apotheke will Kindermann-Koll in Wustrow wohnen bleiben.
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