Weihnachtswaren

Räucherwerk vom Apotheker

, Uhr
Berlin -

„Therapeutische Räucherei“ spielte in der Medizin des 18. Jahrhunderts

eine große Rolle. Auch danach war es üblich, dass Apotheker

Räucherkerzen, -pulver und -papier herstellten. Sie wurden als

Heilmittel gegen Keuchhusten und Astma eingesetzt oder zur Reinigung der

Luft. Vor rund 130 Jahren gründete der Apotheker Hermann Zwetz die

heute älteste Räuchermittelfabrik in Deutschland: Knox – Apotheker

Hermann Zwetz Räuchermittelherstellung.

Bis 1879 führte der 1846 geborene Apotheker im thüringischen Auma die Markt-Apotheke. Von seinem Schwiegervater übernahm er 1877 außerdem die Löwen-Apotheke in Zörbig bei Halle, die er 1884 wieder verkaufte. Zwetz wollte Räucherkerzen nicht nur in der Apotheke herstellen, sondern in größeren Mengen industriell produzieren.

In dem kleinem Dorf Möschlitz bei Schleiz gründete er ein „chemisch-technisches Labor“. Er produzierte Räucherkerzen und experimentierte mit Antimon-Präparaten und Räucherartikeln. 1889 baute er ein Fabrikgebäude in Schleiz. 1893 erfolgte die Ersteintragung im Handelsregister.

Kurz nach dem Ersten Weltkrieg übernahm Zwetz' Schwiegersohn, der Apotheker Karl Bayer, die Firma. Er starb vermutlich im Zweiten Weltkrieg. Von seiner Witwe Elisabeth Bayer übernahm 1953 der Chemiekaufmann Erich Koch den Betrieb. Seit 1946 betrieb er ein Geschäft mit chemisch-technischen Präparaten, wie Tabakveredlern, Seifenpulver, Parfüms und Seifenblasentinkturen für Kinder.

Koch verlegte die Räuchermittelfabrik nach Mohorn-Grund, dem heutigen Standort. Anfangs wurden die Kerzen in einer Sägemühle produziert, im Freien auf dem Hof oder unter einem Schauer getrocknet und im Wohnzimmer verpackt. 1958 führte Koch den Markennamen Knox ein, was der Name bedeute, sei ein Familiengeheimnis, sagt Dennis Koch-Beier, Schwiegersohn der heutigen Chefin Marion Koch. 1960 wurde das erste neue Fabrikgebäude bezogen.

Mitte der 70er Jahre begann Koch mit dem Export. Für 45 westdeutsche Pfennig pro Packung verkaufte die DDR die Kerzen ins Ausland, Koch erhielt dafür 25 Ost-Pfennige. Heute kostet eine Packung je nach Einzelhändler zwischen 1,60 und 3,20 Euro.

Ab 1990 wurden die Produktions- und Lagerräume erweitert und neue Technik eingeführt, etwa eine Verpackungsmittel-Maschine. Zuvor wurden die Kerzen per Hand verpackt. 1994 ließ Koch eine neue Lagerhalle, 1997 ein modernes Produktions- und Bürogebäude bauen.

Jedes Jahr im Juli beginnen die zehn Mitarbeiter mit der Hauptproduktion für Weihnachten. Rund 65 Tonnen Räucherkerzen werden derzeit pro Jahr hergestellt. Um rund fünfzehn Tonnen ist der Absatz in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Das Sommergeschäft – Räucherkerzen gegen Mücken – macht dabei laut Koch-Beier nur einen kleinen Teil aus.

Bis zu vierzig verschiedene Düfte hat Knox im Angebot – von Opium, Glühwein und Kaffe Latte bis hin zu Marzipan und Bratapfel. „Die große Vielfalt kam erst nach dem Jahr 2000“, sagt Koch-Beier. Viele Kunden hätten spezielle Wünsche nach exotischen Düften gehabt, Knox habe experimentiert. Aber die Nachfrage nach Exoten gehe aktuell wieder zurück, der Trend in Richtung traditioneller Düfte: Die beliebtesten seien die drei ältesten, die es schon zu DDR-Zeiten gab: Weihrauch, Tanne und Sandelholz. Kurz vor 1989 kamen noch Lavendel und Veilchen dazu.

Gefertigt werden die Kerzen aus Holzkohle und Holzmehl. Dazu kommen 20 verschiedene Kräuter, Gewürze und Rinden. „Bei uns geht’s zu wie beim Bäcker“, sagt Koch-Beier. Die Zutaten werden in einer Mühle zu einem feinen Pulver zermahlen. Früher wurde die Masse von Hand geformt, später in Formleisten gedrückt. Heute lassen sich die Arbeitsgänge maschinell erledigen. Die Zutaten werden in einer Knetmaschine mit einem Bindemittel vermischt. Aus dem Teig werden die Kerzen gepresst. Rund eine Woche lang müssen sie bei 38 Grad trocknen.

Der genaue Produktionsablauf sei unter Räucherkerzenherstellern ein Geheimnis. Nicht einmal die Räume dürfen Fremde betreten. „Da lässt sich keiner rein gucken. Es gibt keine Maschine 'von der Stange', da tüftelt jeder selbst etwas zusammen“, sagt Koch-Beier.

Insgesamt gibt es in Deutschland vier Hersteller: Knox, Crottendorfer und Neudorfer in Sachsen sowie Carl Jäger in Hessen. Die Konkurrenz aus Asien, sagt Koch-Beier, sei keine Gefahr: „Die asiatischen Düfte sind viel intensiver, die Rauchentwicklung viel stärker. „Die kommen aus einer anderen Tradition, dort soll die Kerze die bösen Geister vertreiben“, sagt Koch-Beier. In Deutschland spiele dagegen die Weihnachtstradition eine entscheidende Rolle. Jedoch kommen die Zutaten, etwa Weihrauch, Gewürze, Blüten und exotische Hölzer, fast ausschließlich aus asiatischen Ländern. Aus Deutschland kommt die Holzkohle.

Hauptabnehmer sind Einzelhändler, etwa Drogerien, Schreibwarenläden und Weihnachtswarenhändler. Auch eine Berliner Apotheke sei regelmäßiger Abnehmer. Daneben beliefere Knox auch Großabnehmer wie Käthe Wohlfahrt. Rund 30 Prozent der Kerzen würden außerhalb Deutschlands abgesetzt, das meiste davon in Österreich, an zweiter Stelle stehe die USA. Weitere Absatzmärkte seien Russland und Japan. An die heimatliche Räucher-Tradition und die pharmazeutischen Wurzeln erinnert in Mohorn-Grund eine hauseigene ständige Ausstellung.

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