Die Techniker Krankenkasse (TK) schlägt Alarm: Wegen eines schlechten Gesundheitszustandes gehen deutlich zu viele ältere Arbeitnehmer zu früh in Rente. Einher damit gingen finanzielle Einbußen. Außerdem nehmen ältere Erwerbstätige drei mal mehr Arzneimittel als der Durchschnitt der Erwerbstätigen. Die TK ist der Auffassung, dass der Frühverrentung mit betrieblicher Gesundheitsförderung entgegengewirkt werden sollte.
Der demografische Wandel bedeute nicht nur für die Rentenkassen eine große Herausforderung. Da die Menschen in Deutschland künftig länger berufstätig sein werden, sei es besonders wichtig, dass sie möglichst lange gesund und einsatzfähig blieben, heißt es im aktuellen TK-Gesundheitsreport 2018. Hier gebe es allerdings noch großen Handlungsbedarf. Laut Report scheidet mehr als jeder zweite Erwerbstätige vor dem offiziellen Renteneintrittsalter aus dem Arbeitsleben aus. Darunter jeder Siebte (13,5 Prozent) aufgrund von Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder Schwerbehinderung.
„Ein weiteres Drittel der Berufstätigen, die früher aus dem Erwerbsleben ausscheiden, hat zwar genug Berufsjahre zusammen, nimmt aber deutliche finanzielle Einbußen in Kauf, um früher in Rente zu gehen“, so Dr. Thomas Grobe vom Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen (aQua), das die TK-Daten ausgewertet hat. „Besonders häufig sind von einer Frühverrentung Beschäftigte mit körperlich belastenden Berufen betroffen.“ So ist das Risiko, berufs- oder erwerbsunfähig zu werden, im Bau- und Holzgewerbe 1,8-mal höher als in der Vergleichsgruppe. Das gilt auch für Verkehrs- und Lagerarbeiter (1,6-mal höheres Risiko) sowie für die Beschäftigten aus der Metallbranche (fast 1,6-mal höheres Risiko).
Ältere Beschäftigte brauchen laut TK-Report außerdem die meisten Arzneimittel. Sie erhielten mit 665 Tagesdosen fast drei Mal so viel Arzneimittel wie der Durchschnitt der Erwerbstätigen (245 Tagesdosen). Dabei machten Herz-Kreislaufmedikamente den größten Anteil aus - im Schnitt bekamen die 60- bis 64-Jährigen 2017 davon pro Kopf Präparate für 344 Tage. Das ist rund viermal so viel wie der Durchschnitt der Berufstätigen (90 Tagesdosen pro Kopf).
Auch bei den Medikamenten für das Nervensystem, überwiegend Antidepressiva, zeigen sich deutliche Unterschiede. So erhielten die Berufstätigen zwischen 60 und 64 Jahren im Schnitt 34 Tagesdosen im Jahr, bei den Berufstätigen insgesamt waren es durchschnittlich nur knapp 22 Tagesdosen.
Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK: „Das sind Zahlen, die uns zu denken geben sollten. Es nützt nichts, das Renteneintrittsalter immer weiter hochzuschrauben, wenn schon heute nicht einmal jeder Zweite so lange arbeitet. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen leistungsfähig bleiben und überhaupt bis zum Rentenbeginn arbeiten können.“ Gerade vor dem Hintergrund, dass jetzt die geburtenstarke Generation der Babyboomer langsam ins Rentenalter kommt, betonte der TK-Chef: „Politik, Unternehmen, aber auch wir Krankenkassen sind gefragt, hier schnell Lösungen zu entwickeln. Zum einen, damit die Menschen länger gesund bleiben, und zum anderen auch, um den Wissenstransfer von einer Erwerbs-Generation in die nächste zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang wird das Gesundheitsmanagement künftig wesentlich an Bedeutung gewinnen“, so Baas.
Im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) geht die TK laut Baas direkt in die Unternehmen und entwickelt gemeinsam mit den Firmen individuelle Lösungen, wie die Gesundheit der Mitarbeiter in den einzelnen Lebensphasen gefördert und langfristig erhalten werden kann. „Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, muss ich das Signal senden, dass ich mich um meine Mitarbeiter kümmere - auch in gesundheitlicher Hinsicht", so Baas. „Gut ausgebildete Fachkräfte sind in vielen Branchen Mangelware und viele Arbeitgeber suchen händeringend gute Leute. Schon heute ist Gesundheit ein wichtiger Recruiting-Faktor. Die Arbeitgeber dürfen hier aber keine Einzelkämpfer sein. Das ist eine Aufgabe für uns alle. Als Krankenkasse sehen wir es als unsere Aufgabe, die nötige Expertise zu liefern. Unser Ziel muss sein, dass in Zukunft auf dem Weg zur Rente nicht mehr jeder Zweite gesundheitlich auf der Strecke bleibt."
APOTHEKE ADHOC Debatte