Mehr als sechs Milliarden Euro haben Staat und Krankenkassen bisher für PCR-Tests in der Corona-Pandemie ausgegeben. Nach Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung hätten sie einen großen Teil der Summe sparen können. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) räumte auf Anfrage ein, dass die Preise für PCR-Tests „zu hoch“ gewesen seien.
Nachdem sich das Investigativteam schon mit dem Maskenhonorar auseinandergesetzt hat („Maskenaffäre: Apotheken bekamen zwei Milliarden geschenkt“), geht es nun um „die fragwürdigen Preis-Kalkulationen, mit denen die Ärztefunktionäre hohe Erstattungspreise für die Labore aushandelten“. Die Recherchen zeigten, dass die Testmaterialien auf dem Markt damals deutlich günstiger zu kaufen waren, als Ärztevertreter in den Preisverhandlungen angegeben hatten. Demnach wurden in den Verhandlungen mit den Krankenkassen im Mai 2020 die Materialkosten für einen PCR-Test mit 22,02 Euro beziffert. Das geht aus bisher vertraulichen Unterlagen und Abrechnungen hervor, die WDR, NDR und SZ einsehen konnten. Auf dem freien Markt hingegen verkauften mehrere Anbieter zertifizierte Testkits zu dieser Zeit für vier bis sieben Euro.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wollte auf Anfrage keine Belege für ihre Berechnungen vorlegen. Sie teilte lediglich mit, dass gerade zu Beginn der Pandemie „erhebliche Marktengpässe bei Reagenzien und Materialien auftraten, die zu einem langfristig hohen Preisniveau beigetragen haben“. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) haben zu dieser Zeit 30 von 170 Laboren über Knappheit geklagt. Gleichzeitig bauten laut Bericht die Labore ihre Kapazitäten in diesen Wochen massiv aus.
Der damalige Minister Jens Spahn ließ auf Anfrage mitteilen, die Verfügbarkeit von PCR-Tests schnell und verlässlich herzustellen, sei „gerade im schweren ersten Jahr ein zentrales Mittel der Pandemie-Bekämpfung“ gewesen. Konkrete Fragen könne er nicht beantworten, da er keinen Aktenzugang mehr habe.
Heute erhalten die Labore noch rund 30 Euro für einen PCR-Test, inklusive Personal-, Transport- und sonstige Kosten. Mit den Recherchen von WDR, NDR und SZ konfrontiert, räumte Lauterbach ein: „Mir erschienen die Testkosten zu hoch. Ich habe sie dann um mehr als die Hälfte abgesenkt. Trotzdem kommen die Anbieter mit dem Geld aus. Daher können die Kosten also nicht höher sein als das, was jetzt bezahlt wird.“ Das Gesundheitsministerium selbst antwortete auf detaillierte Fragen knapp: Die Vergütung orientiere sich an den „relevanten Kostenfaktoren“.
Die Krankenkassen beklagen gegenüber WDR, NDR und SZ ein „Informationsungleichgewicht“: „Die Ärzteschaft, die auch die Labore vertreten, die wissen deutlich mehr über die echte Kostenstruktur in den Laboren“, sagte ein Sprecher des GKV-Spitzenverbands. Die Kassen hätten unter Druck gestanden, die Versorgung von 73 Millionen Versicherten sicherzustellen.
Die Recherche zeige auch den Einfluss, den der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) im Ministerium von Spahn gehabt habe. Mehrfach seien Referentenentwürfe entsprechend den Eingaben geändert worden. So habe sich die Laborlobby erfolgreich für die Beibehaltung höherer Preise eingesetzt und dagegen lobbyiert, dass sich Zahnärzte und Veterinärmediziner an den Tests beteiligen dürfen. Der ALM ließ eine Anfrage unbeantwortet.
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