Wenn Stiftung Warentest Arzneimittel oder Medizinprodukte bewertet, kommt es häufig zu unerwartet schlechten Ergebnissen. Das liegt vor allem daran, nach welchen Kriterien die Beurteilung vorgenommen wird. Denn die Studien der Hersteller werden dabei in der Regel nicht berücksichtigt.
Warentest veröffentlicht regelmäßig Bewertungen zu Apothekenprodukten, darunter Kosmetika und Körperpflegeprodukte. Aber auch Phytopharmaka und andere Arzneimittel werden dabei häufig kritisiert. Eine der ersten Fragen, die sich stellt: Nach welchen Kriterien werden die Arzneimittel ausgewählt? „Wir wählen insbesondere Mittel aus, die laut aktuellem Arzneimittelverordnungsreport häufig verschrieben oder laut Marktdaten häufig verkauft oder aber von Experten als besonders relevant eingestuft werden“, so Warentest.
Ebenso von Interesse ist, nach welchen Bewertungskriterien die Arzneimittel überhaupt eingestuft werden. Auch darauf liefert Warentest nun Antworten: Die „Basis der Bewertung“ bildeten allgemein anerkannte und aktuelle klinisch-pharmakologische und medizinisch-therapeutische Standardwerke, so Warentest. Daraus würden Informationen über Anwendungsbereiche, Dosierungsempfehlungen und „Hinweise“ entnommen, „die zur Bewertung der jeweiligen Wirkstoffe und einzelner Arzneimittel notwendig sind“, so Warentest weiter.
Gleichrangig zur Fachliteratur würden auch veröffentlichte und geeignete klinische Studien herangezogen. Die Voraussetzung dabei ist, dass die Studien in anerkannten medizinischen Zeitschriften veröffentlicht wurden, „in denen vor der Veröffentlichung ein Expertengremium (Review Board) die Qualität der Publikation geprüft hat“, heißt es.
Ebenso werden evidenzbasierte Nutzenbewertungen, wie Dossiers und Health-Technology-Assessment-Berichte des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln und des National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) in London hinzugezogen. Als „zuverlässige Quellen“ werden auch Veröffentlichungen von Instituten, die für die GKV Arzneimittel prüfen, angeführt.
Viele Wirksamkeitsstudien pharmazeutischer Hersteller allerdings würden den Anforderungen nicht entsprechen, „da sie zu kurz laufen“ und UAW nicht erkannt würden, die erst nach längerer Einnahme entstünden, heißt es.
Warentest bewertet nach eigenen Angaben grundsätzlich nur die Anwendungsgebiete, für die die Produkte laut Herstellerangaben eingesetzt werden sollen. Die Bewertung erfolge auch im Vergleich mit anderen Arzneimitteln für dieselbe Indikation, außerdem „stellen wir uns die Frage, ob es in diesem Anwendungsgebiet überhaupt sinnvoll und notwendig ist, mit einem Arzneimittel oder Medizinprodukt zu therapieren“, so Warentest.
Es werden auch immer nur die „arzneilich wirksame Bestandteile“ beurteilt, Hilfsstoffe werden nicht berücksichtigt. Bei Medizinprodukte werden Wirk- und Hilfsstoffe allerdings nicht zwingend getrennt aufgeführt. Wenn also nicht ersichtlich ist, welches die wirksamen Bestandteile bei einem Medizinprodukt sind, „betrachten wir die Kombination bei der Bewertung in der Regel als Einheit“, so Warentest.
Bei Kombinationen mehrerer Wirkstoffe werde beurteilt, „wie zweckmäßig die Mischung ist“. Komme man dabei aber nicht zu einem positiven Urteil, „erübrigt sich ein Wirksamkeitsnachweis“, so Warentest. „Wir erkennen die Kombination dann grundsätzlich nicht als sinnvolles Arzneimittel an, gleich, in welchem Anwendungsbereich.“
Um die Zweckmäßigkeit der Wirkstoffkombinationen zu bewerten, zieht Warentest die Crout-Kriterien an. J. R. Crout war in den 1970er‐Jahren Direktor der US‐Zulassungsbehörde Food and Drug Administration, seine Kriterien hätten sich als internationaler Standard bewährt. Jeder Wirkstoff eines Kombinationsmittels soll demnach nachweislich einen positiven Beitrag zu dessen Nutzen leisten. „Für die Stiftung Warentest gelten die Kriterien gleichermaßen für Präparate mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen und solche mit Pflanzenextrakten“, heißt es dazu.
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