Warentest/Öko-Test

Die Pillenkritiker der Warentester

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Berlin -

Die einen verdienen Geld mit Arzneimitteln, die anderen mit dem Testen von Arzneimitteln. Wenn Öko-Test oder Warentest sich eine Produktgruppe vornehmen, schrillen bei den Herstellern die Alarmglocken. Von der Bewertung hängt das Schicksal von Marken, Unternehmen und Mitarbeitern ab. Dabei setzen die Prüfer mitunter auf Prüffirmen und die Einzelmeinung von Experten.

Medikamententests gehören für Warentest und Öko-Test zum Kerngeschäft. Kaum eine Ausgabe der beiden Verbrauchermagazine lässt das Apothekensortiment aus. Neben den gängigen OTC-Produkten werden auch Rx-Präparate geprüft – bis hin zu Krebsmedikamenten.

„Bei der Auswahl der Produkte achten wir immer darauf, was sich zur Zeit gut verkauft, neu ist oder aktuell verstärkt beworben wird“, sagt Jürgen Stellpflug, Chefredakteur von Öko-Test. Die entsprechenden Daten beziehe man über Marktforschungsinstitute. Apotheken würden hierbei nicht einbezogen.

Im nächsten Schritt bindet „Öko-Test” einen Arzneimittelexperten ein: Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, ehemaliger Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DphG), ist seit 2009 Vizepräsident der Goethe-Universität in Frankfurt am Main und zugleich wissenschaftlicher Leiter des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL) und Chefredakteur der Pharmazeutischen Zeitung. Für Öko-Test erstellt er auf Basis vorhandener Studien Wirksamkeitsanalysen.

Um nicht nur eine Einzelmeinung abzubilden, bindet Öko-Test neben Schubert-Zsilavecz meist noch einen oder zwei weitere Experten ein. Beim aktuellen Schlafmitteltest sei das unter anderem ein Experte der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) gewesen – der in diesem Fall jedoch zu denselben Ergebnissen kam wie der Hausexperte.

Dass die jeweiligen Experten an den Beurteilungen von Schubert-Zsilavecz Mängel feststellten, käme praktisch nie vor – sagt der Chefredakteur. An einen Fall kann sich Stellpflug jedoch erinnern: Vor ungefähr zehn Jahren habe Öko-Test Cremes gegen Neurodermitis bewertet. „Damals hatten wir den bis dato einzigen Fall, bei dem die Meinung unseres damaligen Experten Professor Dr. Gerd Glaeske stark von jener weiterer eingebundener Institutionen abwich.“ Am Ende habe man sich aber auf das Urteil Glaeskes verlassen.

Der Pharmakritiker ist mittlerweile Vorsitzender des pharmazeutischen Expertengremiums bei Warentest. „Arzneimitteltests stellen einen wichtigen Bestandteil unserer Arbeit dar“, sagt Dr. Bettina Sauer, Redakteurin im Ressort Ernährung, Kosmetik und Gesundheit des Magazins „Test“.

Werden Produktgruppen in ein neues Prüfprogramm aufgenommen, kommt bei Warentest zunächst ein Fachbeirat zusammen, dem Verbraucherschützer sowie Vertreter aus Wissenschaft und Markt angehören. Sie besprechen, wie ein Test aussehen könnte und welche Erfahrungswerte es gibt. Bei Arzneimitteln steht der Ablauf dagegen seit langem fest; hier erhalten die Hersteller auch vor Veröffentlichung keine Möglichkeit zur Stellungnahme. Der Grund: Anders als bei anderen Produktgruppen werden keine Messwerte erhoben, sondern öffentlich zugängliche Studien ausgewertet und Bewertungen vorgenommen.

Mit der Erstellung des Gutachtens werden Experten beauftragt. Je nach Fachgebiet kann Warentest im Arzneimittelbereich aus einem Kreis von knapp 50 Ärzten und Apothekern auswählen; auch Mitarbeiter des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und von Kassen machen mit. Die Prüfer stehen während ihrer Untersuchungen in Kontakt, am Ende müssen sie zu einem „konsensualen Urteil“ kommen. Dabei habe es jedoch noch nie ein Problem gegeben, wie Sauer erklärt.

Das Schlussgutachten erstellt dann im Auftrag von Warentest die Firma Pharmafacts. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin und Büro in Freiburg gehört Glaeske und Professor Dr. Bertram Häussler, Honorarprofessor der TU Berlin für „Ökonomik der pharmazeutischen Industrie“ sowie Vorsitzender des IGES-Instituts und diverser anderer Beratungsfirmen.

Gemeinsam mit Glaeske und vier weiteren Kollegen verantwortet Dr. Judith Günther das jeweilige Schlussgutachten; die Apothekerin ist auch als Sprecherin des Fachbereichs „Evidenzbasierte Pharmazie“ des Deutschen Netzwerks evidenzbasierte Medizin (DNEbM) bekannt. Pharmafacts ist auch für Kassen und Pharmafirmen tätig.

Während Warentest als Stiftung mit staatlichem Auftrag mit Steuermitteln gefördert wird, ist Öko-Test ein privater Verlag. Zwei Drittel der Anteile gehören der SPD, knapp ein Viertel hält Chefredakteur Stellpflug. Darüber hinaus gibt es rund 900 Kleinaktionäre, darunter Bertelsmann-Chefin Brigitte Mohn.

Bei Öko-Test kostet die Untersuchung eines Produkts im Durchschnitt 1000 Euro, bei Warentest 2800 Euro. Rund 1200 beziehungsweise 1900 Produkte beziehungsweise Dienstleistungen werden pro Jahr geprüft. Da die Hersteller für die Nutzung des Öko-Test-Labels außer einer Aufwandsentschädigung für den Vertrag nichts zahlen müssen, muss sich das Heft entsprechend gut verkaufen. Das wiederum gehe nur mit plakativen Ergebnissen, kritisiert die Industrie. Für die Nutzung des Warentest-Siegels müssen Hersteller dagegen tief in die Tasche greifen: Für die Werbung mit der Note werden seit 2013 etwa 10.000 Euro fällig. Wer auch in Fernsehen und im Kino sein Ergebnis zeigen möchte, muss 25.000 Euro auf den Tisch legen.

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