In allen Apothekenberufen ist es wichtig, sich kontinuierlich fortzubilden. Das betrifft das jeweilige Fachwissen, aber auch allgemeine Kompetenzen wie Kommunikation. Doch vielerorts herrscht in Apothekenteams große Unsicherheit über die Rahmenbedingungen ihrer Fortbildung. Muss der Apothekeninhaber die Kosten übernehmen und die Fortbildungszeit als Arbeitszeit anerkennen? Immer wieder finden in deutschen Apotheken Diskussionen darüber statt. Und nicht jeder traut sich, mit dem Chef Klartext zu reden.
Erst vor Kurzem hat die PTA, die lieber anonym bleiben möchte, an einer Fortbildung teilgenommen. „Es ging um Homöopathie“, berichtet sie. Ihr Chef habe sie und eine weitere Kollegin zur Fortbildung geschickt, obwohl sie, wie sie zugibt, absolut keinen Bezug zur Homöopathie hat und daran schlicht nicht glaubt. „Dann ärgert es einen besonders, wenn die Fortbildung auch noch am Wochenende stattfindet“, so die PTA. „Dabei arbeiten wir schon jeden zweiten Samstag und dann geht immer wieder ein Samstag für Fortbildung drauf, die wir quasi in unserer Freizeit machen.“
Denn ob der Apothekeninhaber die von ihm angeordnete Fortbildung als Arbeitszeit anerkennt, ist nach wie vor unklar. „Viele trauen sich erst gar nicht, den Chef danach zu fragen. Dabei kommt es auch dem Apotheker zugute“, betont die PTA. „In den Regionen, in denen es viele PTA auf dem Markt gibt, trauen sich die Kolleginnen gar nicht, etwas zu sagen – aus Angst, ihren Job zu verlieren und keinen mehr zu finden.“ Zwar hat sie nach Rücksprache im Team ihren Chef darauf angesprochen. Dieser habe auch versprochen, darüber nachzudenken. Doch auch nach einigen Wochen gibt es keine Rückmeldung. „Ein zweites Mal so etwas anzusprechen, fällt noch einmal ein Stück schwerer“, sagt sie. „Vor allem in kleinen Teams hat man schlicht Angst, das Betriebsklima zu schädigen.“
Ob und wann muss der Chef eine Fortbildung bezahlen und wird die Zeit als Arbeitszeit anerkannt? In knapp 40 Prozent der Apothekenteams bestehen Unsicherheiten darüber. Das ergab die aktuelle APOSCOPE-Umfrage. Jeder Chef scheint es nach eigenem Gutdünken geregelt zu haben.
Dabei ist die Sache jedenfalls für die tarifgebundenen Angestellten klar. Der Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) schreibt vor, dass der Arbeitgeber für die Fortbildung, die er selbst anordnet, die Kosten übernehmen muss. Auch sind solche angeordneten Fortbildungen als Arbeitszeit anzurechnen, erläutert Minou Hansen, Leiterin der Adexa-Rechtsabteilung. Davon abgesehen bestimmt der BRTV, dass das pharmazeutische Personal für fachliche Fortbildungsveranstaltungen innerhalb von zwei Kalenderjahren insgesamt sechs Werktage Fortbildungsurlaub erhält, und zwar unter Fortzahlung des Gehaltes. PKA, Apothekenhelfer, Apothekenfacharbeiter und Pharmazeutische Assistenten erhalten drei Werktage, jeweils innerhalb von zwei Kalenderjahren.
Ohnehin sind die BRTV-Regelungen subsidiär zum gesetzlichen Bildungsurlaubsanspruch, der für fast alle Angestellten in Deutschland gilt. Mittlerweile haben alle Bundesländer – mit Ausnahme von Bayern und Sachsen – Landesgesetze zum Bildungsurlaub verabschiedet. Fast in ganz Deutschland können also Angestellte in Vollzeit innerhalb von zwei Jahren in der Regel zehn Tage Bildungsurlaub beanspruchen, und das ohne Einkommensverluste. Denn der Chef muss weiter zahlen. Für Teilzeitkräfte verringert sich der Anspruch entsprechend.
Doch vor allem im Fall von Apotheken gibt es einen Haken: Viele Landesgesetze sehen Ausnahmeregelungen für Kleinbetriebe – zumeist bis 20 Beschäftigten – vor. Manche Bildungszeitgesetze bestimmen auch die Mindestdauer einer Fortbildung. Einzelne geben sogar vor, dass die jährlich zustehenden fünf Tage en bloc genommen werden müssen. Das Hauptproblem ist aber laut der Adexa, dass die fachlichen Fortbildungen im Apothekenbereich in der Regel nicht für den Bildungsurlaub beziehungsweise die Bildungszeit anerkannt sind.
„Auch wenn die Ausbildung anspruchsvoll ist, verändert sich das nötige Beratungswissen doch kontinuierlich – und das kann nur mit ebenso kontinuierlichen Fortbildungsaktivitäten umgesetzt werden“, betont Tanja Kratt, Adexa-Vorstand und Vorsitzende der Tarifkommission. Aus ihrer Sicht hängt auch die Glaubwürdigkeit der öffentlichen Apotheken gegenüber der Gesundheitspolitik und anderen Akteuren im Gesundheitswesen mit davon ab, wie kompetent die Teams im HV, in der Rezeptur und bei allen weiteren Apothekenleistungen sind. Nach Einschätzung der Gewerkschaft ist das Fortbildungsangebot für das pharmazeutische Personal inzwischen bundesweit gut.
Doch Adexa will noch weiter gehen und fordert im Vorfeld der Tarifverhandlungen, Weiter- und Fortbildung im Gehalt honoriert werden. „Wir haben bereits in den Tarifverhandlungen 2017 mit dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken die Forderung nach einer tariflichen Vergütung von besonderen Qualifikationen aufgestellt“, sagt Kratt. Die Forderung, entsprechende tarifliche Einstufungen einzuführen, will man auch in diesem Jahr weiterverfolgen. „Wir wissen, dass die fortbildungsaktiven Apothekenmitarbeiter schon lange auf diese tarifliche Honorierung ihrer Leistungen warten.“ Damit wären auch jenseits der höchsten Berufsjahresgruppe noch Steigerungen möglich. Beim gegenwärtigen Fachkräftemangel wäre das das nötige Signal, um qualifiziertes und motiviertes Personal in den öffentlichen Apotheken zu halten.
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