Beratungsgespräche

Wann gibt es Erschwerniszulagen für riechende Kunden? Anja Alchemilla, 25.03.2018 07:53 Uhr

Alleinstehend, beratungsbedürftig und geruchsintensiv: Wann gibt es Zulagen für Knoblauchapostel? Illustration: Claus Ernst
Berlin - 

Schwierige Kunden, Digitalisierung und Datenschutz – im Moment ist es für die Apotheken vor Ort nicht leicht, den Überblick zu behalten.

An manchen Tagen kommt es einfach ganz dicke. Der Morgen fängt bereits mit einem Kunden an, den man nicht gut auf nüchternen Magen verträgt: Herr Altmann betritt die Apotheke. Er ist gut 80 Jahre alt, alleinstehend und immer beratungsbedürftig. Im Grunde genommen ist er sehr nett, aber er hört nicht besonders gut und beugt sich daher immer ein kleines Stück zu weit über den HV. Und das ist kaum zu ertragen. Er ist nämlich ein Knoblauchapostel. Knoblauch dient ihm zur Behandlung von allem, was man sich vorstellen kann – zur Durchblutungsförderung, zum Bestreichen seiner Altersflecken und morgens als Auflage auf sein Butterbrot. Das strapaziert die Nase und den Magen ganz erheblich.

Auf den Magen schlägt Anja außerdem die neue Datenschutzgrundverordnung. Braucht sie nun ab Mai einen eigenen Datenschutzbeauftragten für die Filiale? Oder reicht einer für die Hauptapotheke und die Filialen aus? Sollte man einen Mitarbeiter schulen, der das übernimmt? Der ist dann aber quasi unkündbar – keine gute Idee. Dann lieber einen Externen buchen, der das alles übernimmt, oder? Je mehr Verwaltungskram von außen geregelt wird, desto mehr Zeit bleibt für das Kerngeschäft: Unsere Kunden zu beraten. Wieder ein Kostenpunkt mehr, aber es ist ja nicht zu umgehen. Müssen wir ab diesem Zeitpunkt auch die Bestellungen über Whatsapp durch die Kundschaft unterbinden, kaum dass sich diese etabliert haben? Es gibt ja inzwischen viele sichere Apps zur Rezeptbestellung, aber werden die Kunden diese auch nutzen?

Überhaupt: Wie sollte man als Apotheke Social Media für sich nutzen? Reicht es aus, sich bei Facebook zu positionieren, oder ist jetzt ein apothekeneigener Twitter- und Instagram-Account ein „must have“? Die Kundschaft von heute weiß das vielleicht gar nicht zu schätzen, die von morgen eventuell schon. Man sollte rechtzeitig in den neuen Online-Markt kommen und mit den Pfunden tagesaktueller Lieferung, Kundennähe und Vertrauen werben, bevor Amazon auf die Idee kommt, sich zwischen uns und unsere Patienten zu schieben!

So viele Fragen zur Digitalisierung, und es nimmt kein Ende. Anja Alchemilla sucht neben den unvermeidlichen Telefonaten mit Arztpraxen und den vielfältigen Kundengesprächen nach einem Anbieter für den Datenschutz. Das erscheint ihr zur Zeit einfach am dringlichsten.

Kurz vor der wohlverdienten Mittagspause betritt dann noch Frau Schweizer die Apotheke. Eine der Stammkundinnen, die immer erst fünf Minuten vor Toresschluss eintreten. Sie legt drei Multivitamin- und Nahrungsergänzungspräparate aus der Drogerie auf den HV: „Sagen Sie mal, können Sie mir vielleicht sagen, welches ich da am besten nehmen soll?“

Innerlich seufzend schickt Anja Alchemilla ihre PTA in die Pause und stellt sich lächelnd zu ihrer Kundin. Beraten, dafür haben wir den Beruf eigentlich einmal angetreten, doch diese Leistung ist monetär nicht abbildbar. Und wenn es in ferner Zukunft doch dazu kommen sollte, dass Beratung vergütet werden kann, gibt es hoffentlich auch Erschwerniszulagen für Gerüche und Überstunden.