Waldbröl

Baustellenpartys gegen die miese Stimmung

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Berlin -

Dauerbaustelle Waldbröl: Blockierte Straßen, durchtrennte Stromkabel und neu eingerichtete Einbahnstraßen bescheren Apotheken empfindliche Umsatzeinbußen. Zwei von ihnen feiern mit Baustellenpartys gegen die miese Stimmung an.

Apotheker Ralph P. Olesinski übt sich in Gelassenheit: „Die großflächigen Baumaßnahmen in Waldbröl dauern mindestens fünf Jahre“, sagt der Chef der Adler Apotheke in der Kaiserstraße. „Jede der hier ansässigen Apotheken ist mal mehr, mal weniger betroffen.“ Zuletzt erwischte es die Löwen-Apotheke und die benachbarte Bären-Apotheke. „Letztes Jahr fingen die Baumaßnahmen direkt vor unserer Tür an, wir haben gemerkt, dass die Leute Waldbröl meiden“, berichtet eine Mitarbeiterin der Bären-Apotheke in der Nümbrechter Straße. „Davon waren nicht nur wir betroffen, sondern auch alle anderen umliegenden Geschäfte.“

Die Arbeiten seien nicht so recht vorangekommen: „Immer wenn wir dachten, jetzt werden sie fertig, kam etwas neues dazu.“ Zum Beispiel ein Riesenloch direkt vor dem Haupteingang der Apotheke: „Wir konnten unsere Kunden nur durch die Hintertür einlassen.“ Zwischendurch musste das Team noch anderes Ungemach durchstehen. „Einmal wurde an Rohren gearbeitet, dabei wurde das Wasser abgestellt“, erzählt die Angestellte. „Ein anderes Mal wurde aus Versehen das Telefonkabel durchtrennt, dann erwischte es ein Stromkabel.“

Die Löwen-Apotheke von Renate Werner liegt in der Bahnhofstraße, in einem Stück, das an zwei Verkehrskreisel grenzt. „Im Mai waren zeitweise beide Kreisel geschlossen, danach wurde bis Ende Juli am Jüterbog-Kreisel gearbeitet. Es war schwer, überhaupt zu mir durchzukommen.“ Der Zeitplan der Baumaßnahmen sei immer wieder verschoben worden. „Das war eine wirklich schlimme Zeit.“ Viele Kunden hätten verständnisvoll reagiert, andere seien weggeblieben. Werner hatte „empfindliche Umsatzrückgänge“ zu verkraften. „Ich habe immer wieder von Kunden gehört, dass sie Waldbröl gemieden haben.“ In ihrer Nähe gibt es ein Krankenhaus und ein Ärztehaus. Die Baumaßnahmen schnitten sie von der Apotheke ab. „Viele von den Patienten, die sonst bei mir ihre Rezepte eingelöst haben, habe ich nicht mehr gesehen.“

Doch die Einnahmeeinbußen hätten alle Geschäfte gleichermaßen getroffen, betont Olesinski. „Selbst der Notar bei mir in der Nähe hat mir berichtet, dass er 20 Prozent weniger Beurkundungen hatte als sonst.“ Nicht jammern, sondern in die Offensive gehen, lautete seine Devise. Wie auch die Kollegen von der Bären-Apotheke richtete die Adler-Apotheke ein Pillentaxi ein, um die Kunden zu beliefern, für die der Weg über Stock und Stein zu beschwerlich war. Olesinski informierte seine vorwiegend älteren Kunden mit Flugblättern, an welchen Stellen die Bauarbeiter gerade beschäftigt waren und wie man in seine Offizin gelangen konnte. Seine Botschaft: „Unsere Apotheke ist geöffnet.“

Auch die Stadt Waldbröl versucht seit Beginn der Baumaßnahmen mit kreativen Aktionen die Menschen trotz der angespannten Lage in die City zu holen. Die örtliche Werbe- und Einkaufsgemeinschaft ist mit an Bord: „An einer Einfahrtstraße, die wegen der Arbeiten zu einem Nadelöhr geworden war, haben wir eine Frühstücksparty mit Brötchen und O-Saft veranstaltet“, erzählt Nicole Williams, Geschäftsführerin des Stadtmarketingträgers Wir in Waldbröl. „Den Namen der Bären-Apotheke haben wir für ein anderes Event mit dem Titel Nürmbrechter Straße Bärenstark eingebaut. Die Apotheke hat dafür einen Studenten engagiert, der im Bärenkostüm Flyer und Pröbchen verteilte, das war sehr charmant.“

Die Adler-Apotheke war mit dem benachbarten Notar und weiteren Anrainern wie der AOK-Zentrale, den Eine-Welt-Laden und dem Einrichtungsgeschäft an einem fröhlichen Baustellenjazzfestival beteiligt, bei dem auch Bürgermeister Peter Koester vorbeischaute. „Weitere Feten werden folgen“, verspricht Betreiber Olesinski.

Derweil meldet Renate Werner Entlastung. Seit dem letzten Wochenende seien beide Kreisel wieder gleichzeitig frei. Allerdings sei die Bahnhofstraße jetzt zu einer Einbahnstraße umgewandelt worden. „Das ist schlecht fürs Geschäft.“ Entspannung meldet auch die Nachbarn von der Bären-Apotheke. „Doch man muss sich immer noch gut überlegen, wo man in Waldbröl hin will“, sagt die Mitarbeiterin. „Es kann sein, dass man für eine Entfernung, die man sonst in fünf Minuten schafft, jetzt 20 Minuten benötigt.“

Nicht sehr glücklich sei die Rolle der Entscheidungsträger am Ort gewesen, findet Werner: „Die Politiker haben mit dem Ort noch sehr viel vor, dabei wird nicht darauf geachtet, ob die Geschäftsleute darunter leiden.“ Im Vorfeld sei sie auch schlecht informiert worden. Nicole Williams widerspricht: „Es gab immer wieder Anwohnerversammlungen, bei denen die Baumaßnahmen vorgestellt wurden, aber sie wurden nicht immer sehr gut besucht. Und wenn ich mich nicht richtig informiert fühle, muss ich selbst aktiv werden. Sicher ist die Situation gerade nicht leicht, aber Eigeninitiative kann vieles auffangen.“

Viele Geschäfte hätten bereits aufgeben müssen, gottlob bislang noch keine der Apotheken, hat dagegen Renate Werner beobachtet. „Wir haben langfristige Verträge. Ich will auf jeden Fall weitermachen, die Hoffnung stirbt zuletzt.“

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